Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

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Kalle
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von Kalle »

Der Hofnarr kommt: Heinz Rudolf Kunze nächste Woche in Gera

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Kommen zur musikalischen Lesung ins Clubzentrum Comma nach Gera - Heinz Rudolf Kunze (r.) und Jan Drees. Foto: Martin Huch.

Heinz Rudolf Kunze liest am 2. November im Geraer Clubzentrum Comma aus seinem neuen Buch "Vor Gebrauch schütteln". Er selbst geht aber nie zu Buchlesungen.
Mit Purple Schulz waren Sie schon da als Sänger, vor etlichen Jahren mit ihrem Buch "Artgerechte Haltung". Am 2. November kommen Sie wieder nach Gera - als Vorlesender. Ihr Neues Buch "Vor Gebrauch schütteln" wurde auf der Buchmesse vorgestellt. Wie kommt es beim Publikum an?
Das kann man jetzt noch nicht so genau sagen. Erst wenn die gigantische Lesetour vorüber ist - und die hat 40 Stationen.
Aber ein erster Eindruck des Künstlers vom Publikum?
Das ist mal belustigt, mal reagiert es fassungslos. Ich halte ja keinen Vortrag. Mein Buch hat über weite Strecken Aphorismencharakter und kurzweilige Abschnitte über ganz alltägliche Dinge. Die vorzulesen, macht auch mir Spaß. Ich flechte bei jeder Lesung auch noch tagesaktuelle Dinge in die Texte ein, die nicht in dem Buch stehen. Sonst wird das Lesen für mich langweilig - immer dieselben Texte auf 40 Lesestationen. Ich hab ein gutes Gefühl für das Buch. Aber nein, ein Resümee ziehe ich erst, wenn die Tour rum ist.
Was beschäftigt Sie am Tagesaktuellen derzeit am meisten?
Das Phänomen der Piratenpartei und die Ratlosigkeit der Anti-Banken-Demonstranten.
In Gera zwar nicht, dort sind Sie im Comma zu Gast, aber anderswo lesen Sie in Sparkassen und nehmen dort die Boni für Banker aufs Korn.
Das macht Spaß, wenn die Banker in der ersten Reihe knallrot anlaufen. Ich bin der Hofnarr, der anderen den Spiegel vorhält und der unverhüllt Wahrheiten sagt.
Verstehen Sie sich als politischer Künstler?
Nein, ich mache meine Arbeit, in der auch Politik vorkommt.
Gehen Sie zu Buchlesungen?
Nein, nie.
Würden Sie zu einer Kunze-Lesung gehen?
Ja, wenn ich nicht Kunze wär... Nun ja, zu einer Lesung von Peter Handke würde ich gehen - aber der liest nicht.
Warum gerade der Österreicher Handke?
Nun, er ist ein Beispiel für hervorragende Literatur.
Wollten Sie nicht auch einen Roman schreiben?
Im Moment bin ich komplett ausgebucht. Meine Arbeit beschränkt sich nicht auf die gigantische Lesetour. In Kürze spiele ich eine neue Doppel-CD mit meiner Band "Räuberzivil" ein. Im Frühjahr wird das gemeinsam mit Kollegen aufgenommene "Best Of"-Album erscheinen.
"Dein ist mein ganzes Herz", der Song, der jedem bei dem Namen Kunze als erster einfällt, ist auch dabei?
Ja, sicher wird der auch dabei sein. Ich denke, mit dem Album werden wir gute Aussichten beim Publikum haben.
Sie hatten auch schon mit Erfolg Libretti für Theaterbühnen geschrieben. Ist da Neues geplant?
Nein, derzeit nicht. Das ist einfach eine Zeitfrage. Für ein Bühnenlibretto sitzt man einen Monat lang am Schreibtisch. Eine kleine Neuigkeit gibt es aber: Für das Staatstheater Trier habe ich mein Libretto zu Shakespeares "Sommernachtsraum" komplett umgeschrieben. Statt Musical nun Sprechtheater, denn dort gibt es kein Musicalensemble.
Wenn Sie mit dem geplanten "Best of"-Album auf Tournee gehen werden - wird Gera dann eine musikalische Station sein?
Das weiß ich nicht, das liegt immer an den Veranstaltungsagenturen, ob wir dann gebucht werden.

Musikalische Lesung
mit Heinz Rudolf Kunze und Jan Drees am Mittwoch, 2. November, um 20 Uhr, in Gera im Clubzentrum Comma.

QUELLE PRESSE Angelika Munteanu / 25.10.11 / OTZ
Schreibe (Redet), was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es lesen (hören).
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von HansabearHH »

Zeitungsbericht und Kurzinterview zum Auftritt in Bad Hersfeld:

http://www.hna.de/nachrichten/kreis-her ... 62385.html
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Kalle
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von Kalle »

Bielefeld
Kunzes Sicht der Dinge
Künstlerisches Multitalent stellt sein neues Buch vor

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Heinz-Rudolf Kunze las vor 90 Zuhörern aus seinem Buch »Vor Gebrauch schütteln«. Foto: Thomas F. Starke

Freitag, 28. Oktober 2011 - Von Hans-Heinrich Sellmann

Künstlerisches Multitalent stellt sein neues Buch vor
Bielefeld (WB). Mit 54 Jahren ficht den Mann nichts mehr an. Heinz Rudolf Kunze ist die Gelassenheit in Person, als er am Montagabend in Bielefeld ankommt. In der Tahlia-Buchhandlung in der Bahnhofstraße will er sein neues Buch vorstellen: »Vor Gebrauch schütteln«.

In diesem Jahr hat das künstlerische Multitalent nach einer längeren Durststrecke mal wieder einen kommerziellen CD-Erfolg gelandet. Dass die Scheibe »Die Gunst der Stunde« aber gleichzeitig von der Musikkritik gnadenlos verrissen wurde, lässt ihn kalt: »Man kann nicht alles haben.« Oder wie er später aus seinem Buch vorliest: »Es ist mir egal, was andere Leute denken.«

Aber Gedanken über andere Leute, die macht er sich selbst schon. Das Werk, das ausdrücklich »kein Roman« sein soll (»Ich will den Germanisten keine offene Flanke geben«), besteht aus Gedankenschnipseln, zum Teil scharfen Beobachtungen und kleinen Begebenheiten, die beinahe Kurzgeschichten sind. Kunze knöpft sich alle Facetten des Alltags vor, lässt sich aus über Philosophie, Zwischenmenschliches, die Gesellschaft an sich und immer wieder Musik.

Gerade hier nimmt Kunze kein Blatt vor den Mund, wohl wissend, dass er im Glashaus sitzt und mit Steinen schmeißt: Nirvana seien gnadenlos überschätzt (»Ramones ohne Humor«), die Beach Boys eine flache Zuckergusskapelle, Schlager sowieso nur der Kleister aller Massen. Und das, nachdem ihm zuletzt vorgeworfen worden war, selbst zu sehr ins Schlagerfach abgedriftet zu sein – musikalisch und textlich.

An diesem Abend sind seine Texte alles andere als seicht. Er teilt fleißig aus, beklagt sich mehr als einmal ausführlich über den Niedergang des Niveaus im Fernsehen (»Keine Zoten, keine Quoten«). Für die überzeichneten Beobachtungen von Schlüpfrigkeiten und Fäkal-Kultur, die wohl durch das Wörtchen »gewagt« im Klappentext gerechtfertigt werden sollen, kassiert Kunze die meisten Lacher, aber auch einige Kopfschüttler. Absicht und/oder die Entlarvung des eigenen Publikums nach dem selbst kritisierten Motto?

Heinz Rudolf Kunze glänzt als hervorragender Vorleser. Dabei kommt ihm die Buchform zu Gute (»Das ist bei einer Live-Darbietung für den Hörer einfach schöner. Möglichkeit zum Lachen ist in epischer Breite nicht möglich.«), aber auch die jahrelange Bühnenerfahrung und die Schule von Kabarett-Legende Hanns-Dieter Hüsch. »Mit ihm durfte ich noch zusammenarbeiten. Ich habe mich in die Kurzform reingefummelt und viele Tipps dankbar kassiert«, erzählt Kunze noch im Vorgespräch und zieht ein letztes Mal an seinem Zigarillo. Nervös? »Nein, vor Lesungen nicht so.« Er weiß, dass er gut ist.

QUELLE PRESSE http://www.westfalen-blatt.de
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Thofrock
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von Thofrock »

Lesung mit brandneuem Lennon-Cover in deutsch.


Am 28.10. gab es ein quasi Heimspiel in der Brelinger Mitte, die mit rund 90 Besuchern völlig ausverkauft war, und die wegen der geringen Kapazität auch nicht auf den Auftrittsseiten auftauchte. Brelingen ist Heiner Lürigs Wohnort, in dem sich auch das Madagaskar-Studio befindet. Die "Mitte" ist ein von der Gemeine in Eigenregie erworbenes Gebäude, das von der Dorfgemeinschaft zum Kulturzentrum ausgebaut wurde. Sehr familiär und ultragemütlich. Heiner, der bei anderen Veranstaltungen dort auch als Techniker und Mischer agiert, und dessen Frau für Tickets und Kasse zuständig ist, machte auch die Ansage für den Abend.

Die Lesung selbst enthielt das mehrfach berichtete volle Programm, wobei der Zugabenteil eine Welturaufführung bereithielt. Heinz und Jan boten nämlich als ersten Song im Zugabenblock die erst am Nachmittag eingedeutschte Version von Lennon´s "Working Class Hero". Heinz hatte am Nachmittag auf der Rückfahrt aus Dortmun per Handy eine Einladung von Hennes Bender zu dessem Auftritt nahe Hannover bekommen, aber eben erklärt, er habe selbst einen Auftritt. Bender kommentierte das mit den Worten "Wir sind eben Working Class Heroes. Kaum das Gespräch beendet, hatte Heinz den Geistesblitz, und textete in einer halben Stunde eine äußerst stimmige deutsche Version.
Anschließend gab es eine grandiose Version der "Sanduhr" mit einem brillianten Arrangement von Jan Drees. Ganz Gross. Mit "Alaska Avenue" und "Als du fortgingst" endete ein superschöner Abend, der auch von Fanabordnungen aus Itzehoe und dem südhessischen Bensheim besucht wurde.
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von notamann »

Lesung mit Musik am 4.11.2011 im Moritzhof Magdeburg

Es war ein toller Abend gestern mit Heinz Rudolf Kunze und seiner Begleitung - "Gitarrentrickmeister (ersetzt eine komplette Band)" Jan Drees - im Moritzhof in Magdeburg.
Die intime Athmosphäre der Location brachte die beiden Akteure in Hochform.
Den Zuschauern gefielen die mit Witz vorgetragenen Passagen aus Kunzes neuem Buch "Vor Gebrauch schütteln" und die Eingeweihten konnten nur staunen wieviel Neues Herr Kunze wieder "aus dem Ärmel" geschüttelt hat - immer auf der Höhe der Zeit und ohne Angst vor Tabus und "political correctness" - auf der Höhe der Sprache und des Witzes sowieso.
Die musikalischen Zwischenspiele Jan Drees paßten sich hervorragend in die Lesung ein und die Zuschauer sparten nicht mit Applaus.
Höhepunkt für mich war der Griff Kunzes zur Gitarre und der abschließende musikalische Teil der Lesung veranlasste das Publikum zu langhaltenden Applaus und erzwang damit auch eine wunderschöne dylanesque Zugabe.

Danke Heinz! :D
Die Welt ist ein Arsch
welche Hälfte
willst du
( aus "John Wesley" - Heinz Rudolf Kunze )
CL
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von CL »

Nette Fotos von der Lesung im Hotel Amalienhof, Weimar:
http://www.facebook.com/media/set/?set= ... 711&type=1
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von Kalle »

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Heinz Rudolf Kunze im PZ-Autorenforum: „Todesstrafe auf Meinungen“
PFORZHEIM. Kandidaten bei Günther Jauch haben die Angewohnheit, viel zu trinken. Heinz Rudolf Kunze tut das nicht. Obwohl er pausenlos plappert. Nur ein Schlückchen gewährt er sich zwischen langen Tiraden über Dieter Bohlen, Bob Dylan und Claudia Roth. Über all die „Arschbackenbataillonen“, die bei einer Panne auf der Autobahn an einem vorbeiziehen. Über „auffällige Zufälligkeiten“ oder „zufällige Auffälligkeiten“ bei Lincoln und Kennedy, über Lady Di, den Führer und die Liebe einer Tierpflegerin zu einem Gorilla, der ihr schließlich das Genick bricht: „Er hatte ihr nie zugehört“.
Heinz Rudolf Kunze kommt lässig in Jeansjacke, Schal und seinem unverkennbaren Markenzeichen ins Autorenforum der „Pforzheimer Zeitung“ – mit seiner Brille. Doch nur für den Auftritt, „damit ihr mich erkennt“. Zum Lesen nimmt Kunze unscheinbare Augengläser und legt sofort los: „Also ein paar Dinge müssen geklärt werden, ehe wir anfangen können“, liest der Sprachkünstler aus seinem neuen Buch „Vor Gebrauch schütteln: Kein Roman“ (Aufbau Verlag, 18,99 Euro).

Und lässt sich gleich erst mal über die Beach Boys als „flache, schlagernahe, karieserzeugende rechtsradikale Zuckergusskapelle“ aus. Auch „Jammerlappenkapellen wie Metallica“ bekommen ihr Fett weg, in dem Buch, „das wir selber gerne lesen würden“. Kein Buch wie der „Ulysses“, der sei „sterbenslangweilig“. Kunze zieht es vor, über Gott und die Welt zu schreiben, über Alltagsbanalitäten wie, warum wir immer weiße Hemden tragen, wenn wir Tomatensoße essen, über Fernsehen, Musik, Philosophie und das Verhältnis von Vater und Sohn. Zum Beispiel, wie dieser die Pornosammlung seines Vaters im Keller entdeckt: „Ab dann haben wir uns vermutlich deren Nutzung geteilt“. Auch Kritiker kommen nicht gut weg: „Auf Meinungen sollte die Todesstrafe stehen“. Ohne Zusammenhang reihen sich die gewagten und originellen Geschichten in dem 258-seitigen Buch aneinander – schlagfertig, ironisch, bissig und süffisant.

Und genau so ist auch Kunzes Erzähl-Ton. Gelegentlichen Schmeicheleien ist nicht zu trauen. Denn die Pointe kommt garantiert. So etwa bei der Ehe-Szene, bei der sie vom Sex mit ihrem Lover schwärmt: Der säuselnde Tonfall endet jäh mit einem Schuss und den Worten „Aus diesem Traum wachte ich nicht mehr auf“.

Applaus für den Querdenker und Erfinder der neuen Live-Sendung „Menschen – beim Kacken!“, die „Show für die ganze Familie: Ach du Scheiße!“. Anita Molnar

Quelle PRESSE http://www.pz-news.de
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von An »

Hier eine - wie ich finde sehr treffend - Kritik des Buches aus dem Berliner Tagesspiegel:

http://www.tagesspiegel.de/kultur/alles ... 23714.html
kuchiback
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von kuchiback »

Hier noch ein weiterer Termin, der erst seit heute Morgen auf der HRK-Seite steht. (Nach dezentem Hinweis von mir)

Heinz Rudolf Kunze und Jan Drees
Veranstaltungsinformation

25. April 2012, 19.30 Uhr, Paulus-Kirche Gnarrenburg
Musikalische Lesung mit Heinz Rudolf Kunze und Jan Drees


Heinz Rudolf Kunze gehört zu den wichtigsten und erfolgreichsten deutschen Musikern. Er hat seit 1980 mehr als dreißig Alben veröffentlicht. Zuletzt eroberte die CD „Die Gunst der Stunde“ die deutschen Charts. Kunze hat darüber hinaus Musicals geschrieben und Lyrik veröffentlicht. Ende August 2011 erschien sein Prosawerk: „Vor Gebrauch schütteln“.

Im Rahmen einer großen musikalisch begleiteten Lesereise durch Deutschland liest Heinz Rudolf Kunze und ist diesmal nicht am Gesangs- sondern am Sprachmikrofon zu erleben, musikalisch begleitet von Jan Drees. Der freischaffende Hamburger Musiker Jan Drees komponiert Instrumentalmusik, die er mit einem Gitarrensynthesizer und elektronischen Percussions live aufführt. Schicht über Schicht werden Klänge gelegt wie Farben, die allmählich eine große Leinwand füllen.


Die Kirche bietet Platz für 800 Menschen. Mal sehen wie viele sich nach Gnarrenburg verirren :-)
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von Kalle »

Alles muss raus
Der Rockpoet Heinz Rudolf Kunze schlägt als Autor bitterböse Töne an – jetzt las er in Neuruppin

NEURUPPIN - Die Wahrheit muss ans Licht. Über Lady Di, Politik und Fernsehen. Über Facebook und die Flippers. Über Mama und Papa. Hartz-IV-Empfänger und Narzisten. Und die Medien sowieso. Heinz Rudolf Kunze hat abgerechnet. Jetzt teilt er aus. „Vor Gebrauch schütteln“ heißt der wortgewaltige Rundumschlag, bei dem sich der als Rockpoet bekannt gewordene Autor in allerlei Gedichten und Geschichten hinter einem zynischen Menschen namens Trubschacher duckt.

Aber Fans verzeihen Kunze offenbar alles. Als der 55-Jährige sein Buch am Dienstagabend vor gut 200 Leuten in der Aula des Oberstufenzentrums in Neuruppin vorstellt, nimmt er die Mehrheit der Zuhörer im Sturm. Er setzt die Rockerbrille ab, die Lesebrille auf, nimmt einen Schluck Wasser und lässt den Trubschacher aus der Kiste. Die Wahrheit muss ans Licht.

Kunze schießt sich ein. Er sticht und stochert, schnaubt und schäumt, ätzt unterm Mäntelchen der Prosa gegen alles und jeden: eine Gesellschaft „voller Blödiane“, für die „Freiheit ist, alles zu dürfen und nichts zu müssen“. Flusige Bärte. Körnerbebröselte Parkas. Stinkende Füße in Birkenstock-Sandalen. Schlagertexte, „die von fickenden Haustieren erzählen möchten, aber nicht dürfen“. Heidi Klums „Oralverkehr mit Kerner“, der sich dann Talkshow nennt. Frauen, die aussehen „wie eine von Kopf bis Fuß erotisch ungenutzte Falte“. Und: eine Kandidatin aus Sachsen, die den schwarzen Fernsehkoch „tranchiert und durchpüriert“, weil Weiß gewinnt. Autsch!

Gut, dass Jan Drees da ist. Angenehm wortlos und wunderbar unaufgeregt schiebt Kunzes Begleitmusiker aus Hamburg Stücke weich wie Watte ein: handgemacht mit Percussion, Gitarre und Synthesizer, wie ein flauschiges Kissen, auf dem der verstörte Kopf zur Ruhe kommen kann. Aber immer nur kurz. Denn Trubschacher prescht im Schweinsgalopp davon. Lady Di – das muss nun auch mal raus – ist nämlich gar nicht tot. Oh je! „Sie lebt bei mir in einem Kellerverlies. Eine glückliche Fügung. Der Raum wurde gerade frei, weil Adolf Hitler starb.“ Sehr genügsam sei er gewesen, ja, geradezu authistisch. Und nun? „Wenn es Nacht wird, knebele ich Lady Di und gehe mit ihr spazieren. Eisbär Knut muss ja auch mal raus.“ Der Saal tobt. Sofort erhält Trubschacher Befehl zum nächsten Angriff. Er entschuldigt sich „für alles, was ich noch falsch machen werde“, sei’s aber gewohnt, er sei ja immer schuld. Vielleicht treibe er die Frauen ja auch reihenweise an den Herd zurück, weil er ein Männerbild verkörpert, das zum Verwöhnen animiert. Klar.

Auch eine Fußballweisheit ist nicht aufzuhalten: „Wenn der nicht das 1:0 gemacht hätte, hätte es weiter 0:0 gestanden.“ Dagegen lasse sich nichts vorbringen. Wohl aber gegen die „Sinn- und Existenzkrise“, in der das Fernsehen stecke, weil’s an neuen Formaten fehlt. Das Publikum habe die Menschen inzwischen bei allem gesehen: beim Verlieben und Trennen, Streiten und Versöhnen, beim Kinderkriegen und Sterben, beim Singen und Blamieren – rein gar nichts werde ausgelassen. Sogar Kochen und Essen hätten schon das Zeug zur Show. Nur auf die einzig logische Konsequenz aus beidem kommt außer Kunze keiner: eine Show übers Verdauen. „Geben wir dem Wort Ausscheidungswettbewerb endlich seinen Sinn zurück“, fordert er. „Zeigen wir Menschen beim Kacken. Kacken vereint. Kacken ist Pop. Oder Pup.“ Die Wahrheit muss ans Licht? Och nö! „Vergessen Sie nicht, bei wem Sie das zuerst gehört haben – und wer die Rechte daran hat.“ Rums!

Der Autor klappt seine Manuskriptmappe zu, setzt die Musikerbrille auf und greift zur Gitarre. Spät, für einige zu spät, wirft nun auch Kunze Kissen aus. Wie zur Besänftigung säuselt er über die „Alaska Avenue“. Besingt samtig und sentimental die enge Mitte der Sanduhr des Lebens. Heinz Rudolf Kunze streichelt die Worte, beherrscht ihr Spiel. Die leisen Töne stehen ihm. Im Ohr bleiben an diesem Abend die lauten, überdrehten, die ein Poet nicht nötig hätte. Auch diese Wahrheit muss ans Licht.
(Von Juliane Becker 18.05.2012)

QUELLE PRESSE Maerkische Allgemeine
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von Kalle »

Kultursommer
Heinz-Rudolf Kunze kommt

Rheinhausen-Friemersheim. Zum zehnten Mal steigt vom 22. bis zum 24.Juni der beliebte Friemersheimer Kultursommer unter freiem Himmel an der Dorfkirche hinter dem Deich. Mit einem besonderem Stargast.
Die originelle Idee hat sich bewährt. Zum zehnten Mal steigt vom 22. bis zum 24.Juni der beliebte Friemersheimer Kultursommer unter freiem Himmel an der Dorfkirche hinter dem Deich. Stargast ist dieses Mal der Sänger und Literat Heinz-Rudolf Kunze, der am Freitag, 22.Juni, um 20 Uhr eine musikalische Lesung unter dem Motto „Vor Gebrauch schütteln“ präsentiert.
Kunze wurde vor Jahrzehnten einem breiten Publikum mit dem Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ bekannt.Das ist eine Adaption der gleichnamigen Arie aus der Operette „Das Land des Lächelns“ von Franz Lehár. Seine literarischen Schritte begleitet in Friemersheim der Gitarrist Jan Drees. Nach dem eigentlichen Programm hat Kunze versprochen, auch ein paar Lieder selbst zu singen. Dieser Nachschlag könnte fröhlich werden, denn von diesem vielseitigen Künstler gibt es auch eine deutsche Version des Kinks-Welthits „Lola“. Eintritt: 15 Euro.
Die vielen Talente Des Heinz-Rudolf Kunze
Sänger, Sprachkünstler und Querdenker Kunze veröffentlichte neben seinen zahlreichen Platten und CDs auch Essays und Biografien. So 1986 über den britischen Popkünstler und Sänger David Bowie unter dem Titel: „Der Favorit oder: Die vielen Gesichter im leeren Spiegel“. Dieser Text wurde als neunteilige Hörspielreihe im NDR mit Kunze als Sprecher gesendet. Kunze verfasste auch die deutsche Übersetzung des Musicals „Les Misérables“ sowie die deutsche Version des Musicals „Ein Sommernachtstraum“ nach William Shakespeare.
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Re: Lesereise "Vor Gebrauch schütteln" (Kein Roman)

Beitrag von MartinB »

Tod der Musikindustrie!
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