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Mecki
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Quelle http://www.nordkurier.de/index.php?obje ... &id=635776

Liebeslieder für Erwachsene

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Purple Schulz, Wolfgang Stute, Heinz Rudolf Kunze und Josef Piek (von links) nahmen erfreut den Beifall in der Konzertkirche hin. Foto: Schroeder

Popmusik. Heinz Rudolf Kunze ("Dein ist mein ganzes Herz") und Purple Schulz ("Verliebte Jungs") machten in Neubrandenburg "Gemeinsame Sache". Von Dirk Schroeder

Neubrandenburg Gewonnen wurde das Spiel in der zweiten Halbzeit plus Verlängerung. So würde das Ergebnis wohl aus der Sicht eines Sportkommentators lauten, wollte der den Sonntagabend von Heinz Rudolf Kunze und Purple Schulz in der Konzertkirche Neubrandenburg beschreiben.

Mit dabei auch die langjährigen Mitstreiter der Musiker: Josef Piek (Schulz) und Wolfgang Stute (Kunze). Heinz Rudolf Kunze, wortgewaltiger Songpoet, und Schulz, dessen Karriere man unweigerlich mit leichten Liedchen wie "Verliebte Jungs" assoziiert - was auf den ersten Blick widersprüchlicher nicht sein kann, erwies sich zunächst auch als solcher.

So kämpfte Purple Schulz im ersten Teil des Konzerts mit den Tücken der Technik und natürlich um die Gunst des Publikums. Durchaus wortgewandt und witzig, was in einer Xavier Naidoo-Persiflage gipfelte. Dessen Song "Abschied nehmen" verballhornte der Mann vom Niederrhein - als Naidoo verkleidet - als verzweifeltes "Ich wollte noch Aufschnitt nehmen". Eine pointierte Karikatur auf den Ersatz von Metzgereien durch Bioläden. Das provozierte die Lacher, der Tiefgang des Textes von "Bis ans Ende der Welt" verwaberte indes im Mischpult. Dabei hätte es durchaus klargestellt werden können, dass dieses weder eine Liebesschnulze noch ein Macho-Text ist, sondern den verzweifelten Versuch eines Mannes beschreibt, eine Frau zu gewinnen, dabei keinen Fettnapf auslassend. Schade.

Die Version von "Sehnsucht (Ich will raus)" hingegen konnte überzeugen dank Reduktion des Equipments. Unplugged hatte einmal mehr die Nase vorn.

Heinz Rudolf Kunze spielte brav mit, reihte sich ins Team der Musiker ein. Schließlich war er einst als Gast zu der Reihe gestoßen, die Schulz initiiert hatte: Mit verschiedenen Musikern quasi ungeprobt zu spielen. Seit einigen Jahren macht er so auch mit Kunze ab und zu "Gemeinsame Sache".

Dabei wurde nach der Pause offenbar, wer im Haus das Singen hatte. Es wurde die Halbzeit des Heinz Rudolf Kunze. Der nahm den Kampf mit den Tücken gar nicht erst auf, sondern forderte freundlich, aber bestimmt von den Technikern Perfektion: "Mehr Stimme, mehr Gitarre". Um dann einen Reigen von Hits aus seinem umfangreichen Repertoire zu starten. Von aktuell ("Längere Tage") bis zum Beginn seiner Karriere ("Lola") reichte der. Angereichert mit Anekdötchen zur Entstehung der Songs bis hin zu Frotzeleien zwischen den vier Musikern auf der Bühne, nahm das Programm die Fahrt auf, die das aus einem weiten Umkreis Neubrandenburgs angereiste Publikum erhofft hatte. Poetisch bewegte er sich mal sarkastisch an gesellschaftlicher Intoleranz reibend wie in "Aller Herren Länder", mal flehend liebestoll bei "Leg nicht auf, hör mir zu, ich bin ganz genau so klein wie du".

Kunze, der in Interviews schon mal druckreif spricht, hat mit seinen Songs ein Genre geschaffen, das man vielleicht mit "Intellektuelle Liebeslieder eines erwachsenen Mannes" umschreiben könnte. Das Zwischenmenschliche steht bei ihm vor jedweder Gesellschaftskritik, zu der er fraglos fähig ist. Die er auch in sich und nach außen trägt, wo es angebracht ist. Und es kommt Respekt vor Menschen durch. Nicht nur, wenn er dem großen Musiker Johnny Cash huldigt ("Es geht zu Ende mit dir"), sondern auch vor sich selbst ("Meine eigenen Wege").

Doch war an diesem Abend nicht nur der textliche Tiefgang gefragt. Auch musikalisches Handwerk bis zur Ekstase boten die Musiker. Piek, Stute und Kunze holten sich ihre Soli auf ihren Gitarren, die letztlich in einem Gitarrenvulkan gipfelten. Hier disziplinierte sich Purple Schulz mit angenehmer Zurückhaltung. Um dann doch wieder zurückzukommen und wirklich gemeinsame Sache zu machen.

"Kleine Seen", dieses einfühlsame Liebeslied, das ihm einst einen Riesenerfolg beschert hatte, geriet zu einem Schulz-Kunze-Duett, das die Stile dieser unterschiedlichen Musiker verschmelzen ließ.

Auch humoristisch trafen sie jetzt eine Wellenlänge. Sich gegenseitig mit verbalen Frotzeleien reizend, zeigten sie, dass das Prinzip "Gemeinsame Sache" funktioniert. Josef Piek und Purple Schulz wurden zu mehr als dem Background-Gesang für Kunzes Liedgut. "Einmal noch und immer wieder", diese tiefgründige, zweideutig-eindeutige Liebeserklärung vom Album "Protest", war dafür beredtes Beispiel. Wer jedoch keinen Platz im Programm hatte, waren die "Verliebten Jungs". Und das war gut so.

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