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Mecki
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Beitrag von Mecki »

Quelle http://n-land.de/lokales/lok-detail/dat ... lpack.html

Gemeinsames Doppelpack
Von: Dorothée Krätzer

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ALTDORF – Prächtiger hätte die Stimmung in der Altdorfer Stadthalle nicht sein können – da wird geklatscht, mitgesungen, gestampft, bereits bei den ersten bekannten Takten begeistert applaudiert. Am Ende tobt die Halle, es gibt stehenden Applaus für die Vier auf der Bühne und die lassen sich nicht lumpen, spielen eine Zugabe nach der anderen. Man sollte meinen, dass es sich um eine der momentan populären Bands handelt, die Veranstalter Kulturkreis Altdorf mit Sparkassenunterstützung eingeladen hat, um junge Musiker, die ihre Top-Ten-Hits spielen. Weit gefehlt. Deutschrock mit einem Quartett „älterer Herren“ jenseits der 50 ist angesagt, mit Heinz Rudolf Kunze, Purple Schulz, Wolfgang Stute und Josef Piek.
„Dieses Lied habe ich 1984 komponiert, da waren einige von euch noch gar nicht geboren“, was Schulz als Kompliment meint, verpufft wirkungslos, denn wie die Künstler ist auch das Gros des Publikums etwas jenseits der 30er angekommen. Und so spielt der Rheinländer am Keyboard seine bekannten rockigen Balladen aus dem letzten Jahrtausend, singt, von Gitarrist Piek und Percussionist Stute begleitet, „Bis ans Ende der Welt“, für das er, wie er sagt, von der Zeitschrift „Emma“ als Macho des Monats ausgezeichnet wurde.
„Nur mit dir“ folgt, „Programmänderung“, „Kinderleicht“ und selbstverständlich darf das heute noch immer be- und anrührende „Sehnsucht“ mit dem „Ich will raus“-Schrei nicht fehlen. Klasse, wie die drei auf der Bühne spielen, lediglich kurz am Anfang von den akustischen „Tücken des Raumes“ ausgebremst. „Wir sind Musiker, die für Geld über Liebe und Trallala singen, andere haben eine Botschaft“, verkündet Purple Schulz (den seine Eltern Rüdiger tauften) und nimmt diese als Xavier Naidoo verkleidet auf die Schippe. Im „Ich wollte noch Aufschnitt nehmen“ verulkt er dessen Lied „Abschied nehmen“ und sucht in Zeiten der Bioläden verzweifelt nach einer Metzgerei zwischen „Jerusalem und Mannheim“.
Ein paar Lieder vor der Pause mischt sich dann auch der vierte Mann ins Geschehen – Heinz Rudolf Kunze nimmt die Gitarre in die Hand, stimmt in den Backgroundchor mit ein und schwingt rhythmisch den, wie er ihn nennt, „nigerianischen Zeckenschwobel“ (eine Art Kürbis-Rassel).
Weil sie bei der ersten „Gemeinsamen Sache“ 2006 so viel Spaß gehabt hätten, habe er Kunze nun seit etwa 150 Konzerten an der Backe, frotzelt Schulz und die zweite Hälfte des Konzerts steht dann ganz im Zeichen des „Finden-Sie-Mabel“-Komponisten. Seine großen (Liebeslied-)Hits muss er spielen, das „Dein ist mein ganzes Herz“ mit dem er 1985 den Durchbruch schaffte und die Charts stürmte, später „Leg nicht auf“ und „Immer für dich da“.
Einen weiten Weg hat der studierte Germanist, der nie Lehrer werden wollte, seit seinem ersten Album „Reine Nervensache“ hinter sich. Der Autor von Texten wie „Noch hab ich mich an nichts gewöhnt“ und „Balkonfrühstück“ erlebte alle Höhe- und Tiefpunkte des Showgeschäfts.
Nun ist er selbst in die Fußstapfen der damals von ihm karikierten Rockhelden getreten, die „es nötig haben, hier zu konzertier‘n“ und folgt dem „Wahnsinn, sich so früh schon zu erinnern“ in dem wehmütigen Lied „Über 30“. Nach mehr Zeit jammert der früher bissige Textphilosoph dabei und fragt, ob die „Gefühle von damals vergessen sind“.
Kleine Anklänge an den früheren „Niedermacher“ Kunze gibt’s lediglich beim „Ende mit dir“: Zu der fröhlichen Countrymusik im Stil eines Johnny Cash (den er sehr schätzt) mischt er einen Text, bei dem man meint, den Knochenmann fröhlich mittanzen zu sehen.
Mit einigen Takten Beatles und dem stimmungsvollen „Tränen lügen nicht“ – schön mit fränkisch-gerollten „Drrr“ – erreicht die Stimmung am Ende ihren Zenit. Zitat Schulz aus einer Zeitungskritik: „Richtig Stimmung kam am Schluss auf, als Purple Schulz, 64, seinen größten Hit ‚Tränen lügen nicht‘ spielte.
reedinger
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Re: ALTDORF

Beitrag von reedinger »

Mecki hat geschrieben: http://n-land.de/lokales/lok-detail/dat ... lpack.html
Deutschrock mit einem Quartett „älterer Herren“ jenseits der 50 ist angesagt (...) Nun ist er selbst in die Fußstapfen der damals von ihm karikierten Rockhelden getreten, die „es nötig haben, hier zu konzertier‘n“ und folgt dem „Wahnsinn, sich so früh schon zu erinnern“ ...

Auch wenn es (nicht nur für mich) vorhersehbar war, das irgendwann einmal in der Presse lesen zu müssen, so tut es mir trotzdem weh.
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Re: ALTDORF

Beitrag von Thofrock »

Da ist was dran, aber ich denke die "Bestandsaufnahme" war in den 80ern schon mit einem augenzwinkernden Touch versehen. Und wenn nicht, dann ist sie es spätestens seit den 90ern.
Und in den Noughties findet sie sogar im Räuberzivil statt, führt also direkt in ein selbst-auf-die-Schippe-nehmen.
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