Kontroverse Interpretationen von HRK-Song "Ja-Wort"

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An
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Kontroverse Interpretationen von HRK-Song "Ja-Wort"

Beitrag von An »

Neue Rubrik!

Das Ja-Wort ist Kunzes Stellungnahme gegen gleichgeschlechliche Ehen (oder sogar Beziehungen) mit einem Seitenhieb gegen den Frauenfußball. Da sich dieses Thema auch durch die anderen, nicht gesungenen HRK-Texte zieht, lässt sich davon ausgehen, dass dies kein Rollensong ist, sondern es sich um HRKs persönliche Überzeugung handelt.
Kalle
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von Kalle »

AN: Das Ja-Wort ist Kunzes Stellungnahme gegen gleichgeschlechliche Ehen (oder sogar Beziehungen) mit einem Seitenhieb gegen den Frauenfußball. Da sich dieses Thema auch durch die anderen, nicht gesungenen HRK-Texte zieht, lässt sich davon ausgehen, dass dies kein Rollensong ist, sondern es sich um HRKs persönliche Überzeugung handelt.
Ich halte Deine Deutung für eine kühne Behauptung. Bislang habe ich "Das Jawort" eher für eine Fortsetzungs-"Romanze" gehalten. Ich "behaupte" mal und das bleibt festzustellen, dass es zumindest "Hip" geworden ist, irgendwie anders drauf zu sein. Man kann in unserer Gesellschaft schon das Gefühl bekommen, als Hetero mit einer halbwegs funktionierenden Familie zur Minderheit zu zählen, insofern möchte ich mich auch nicht diskriminieren lassen, nur weil ich mein Leben so gewählt habe. In meiner Wahrnehmung z.B. im TV kannst Du heute auch eher eine Chance haben, wenn Du nicht durch Kunst, Handwerk, Leistung überzeugst, sondern eben einer "Minderheit" angehörst und bereit bist dich zu verkaufen. Aber HEINZ hat den Song ja bestimmt für uns geschrieben (lächel), also dürfen wir ihn auch in die Schublade stecken, in der wir ihn gerne legen wollen. :lol:
Die Macht der Minderheit - Oh ich bin auch sehr in mich verliebt... würde mich sicher auch selber heiraten, denn dann könnte ich ja Fremd gehen und dass wäre doch eines der letzen Abenteuer in unserer Gesellschaft. :lol:


Das Jawort

Ich möchte mir das Jawort geben
und dann mich selber adoptieren
das möchte ich noch miterleben
ich laß mich nicht diskriminieren

Sie hätscheln alle Minderheiten
selbst Frauen dürfen Fußball spielen
wie schön die Rechte auszuweiten
doch wie soll ich mich dabei fühlen

Ich laß mich nicht diskriminieren
ich möchte das noch miterleben
ich will mich selber adoptieren
und vorher mir das Jawort geben

Ich kann halt keine Kinder kriegen
vom Wollen mal ganz abgesehen
das muß ja auch nicht jedem liegen
das muß man schließlich doch verstehen

Doch würde ich mich ehrlich lieben
bis daß der Tod mich von mir scheidet
ich finde das nicht übertrieben
nie werde ich mir selbst verleidet

Ich möchte mir das Jawort geben
und dann mich selber adoptieren
das möchte ich noch miterleben
ich laß mich nicht diskriminieren

Durchbrecht das Monopol der Paare
dies äußerste Tabu muss fallen
zu zweit ist Ehe nicht das Wahre
alleine erst gehört sie allen

Ich wär mir eine gute Mutter
ein guter Vater sowieso
Dreifaltigkeit total in Butter
ansonsten gibt’s was auf den Po
ohoho

Ich laß mich nicht diskriminieren
ich möchte das noch miterleben
ich will mich selber adoptieren
und vorher mir das Jawort geben


Romanze

Ich seh mich
auf der Straße
und bin begeistert
ich spreche mich
beherzt an
und lade mich
zum Kaffeetrinken ein
ich plaudere mit mir
den ganzen Nachmittag hindurch
ich stelle fest daß ich
die gleichen Filme mag
wie ich

Dann ist es Abend und
ich lade mich
zum Pizzaessen ein
es schmeckt wie nie zuvor
dann bummle ich mit mir
noch eine Weile an den Schaufenstern vorbei
und als ich fühle daß es Zeit ist
sag ich zu mir:
komm
wir gehn zu mir

Zu Hause hören wir
Theodorakis
bei Kerzenlicht
ich lese mir noch zwei Gedichte
von F. C. Delius vor
dann streichle ich mich sanft
und schließlich
schlafe ich mit mir

Der nächste Morgen ist
ein trüber Tag
ich öffne sacht die Augen
seh mich um
doch das Bett neben mir
ist leer
ich bin anscheinend
schon gegangen
und ich weiß nicht mal
meinen Namen
Schreibe (Redet), was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es lesen (hören).
Epheser 4,29
An
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von An »

Ich habe eigentlich als Hetero mit Frau und Kind so gar nicht das Gefühl zu einer Minderheit zu zählen, auch wenn ich mehrere homosexuelle Menschen persönlich kenne. Und daher auch weiß, wie gering die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Menschen immer noch ist, was dazu führt, dass es für diese Menschen in vielen Zusammenhängen schwer ist, sich zu einer homosexuellen Beziehung zu bekennen oder ganz konkret mit seinem Partner/seiner Partnerin überall hinzugehen. Dies zeigt mir, dass es mit der Gleichstellung dieser Menschen noch nicht wirklich weit her ist. Nicht verstehen kann ich hingegen die Angst, dass Homosexuelle anderen ihre Lebensweise vorschreiben wollten oder eine Bedrohung für Heterosexuelle darstellten. Wenn man sich ansieht, was hierzu beispielsweise die AfD und andere absondern, ist dies doch sehr befremdlich: Als ob etwa die Thematisierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in der Schule aus heterosexuellen plötzlich homosexuelle Menschen macht.

Solange es keine tatsächliche Gleichberechtigung gibt, kann ich nachvollziehen, wenn z.B. Prominente sich dafür öffentlich einsetzen. Aber zu behaupten, dass diese so tun als seien sie eine Mehrheit, kann ich nicht nachvollziehen und halte das für eine sehr verzehrte und vielleicht auch von der eigenen Angst gesteuerte Wahrnehmung.

Nun zum Text:
Hier wird aus der öffentlichen Debatte das Argument aufgegriffen, dass es eine Form der Diskrimminierung sei, wenn nicht jeder jeden heiraten oder jedes Paar ein Kind adoptieren dürfe. Mittel der Kritik ist hier die Übertreibung (sich selbst heiraten, sich selbst adoptieren, als die Forderung von etwas, das nicht geht), die letztlich das Argument der Diskrimminierung (wiederholt am Ende mehrerer Strophen: "ich laß mich doch nicht kritisieren") ab absurdum führen und so zurückweisen soll. Deutlich wird in der zweiten Strophe die Kritik am "Hätscheln" von Minderheiten. Die Ausweitung von Minderheitsrechten gehe, so die These in Strophe 2, zu Lasten der anderen. Im Folgenden wird das Nicht-Kinder-Kriegen-Können (wie etwa bei homosexuellen Paaren) oder -Wollen (was im Umkehrschluss dann heißt, dass alle (insbesondere Frauen) gefälligst Kinder zu bekommen haben) negativ dargestellt. Schließlich soll das traditionelle Modell der Ehe bestehend aus Vater und Mutter (und damit auch logischerweise aus Kind(ern)) verteidigt werden.

Wenn HRK im Interview das Stück als Fortsetzung der "Romanze" bezeichnet hat, dann ist dies eher mit einem Augenzwinkern zu verstehen. In der Romanze geht es um Einsamkeit - in der Folge des Sich-selbst-Heiratens oder -Adoptierens würde der Mensch auch einsam - aber das ist hier wohl kaum das Thema.

Möglicherweise kann man das "Jawort" auch anders deuten - das müsste man dann aber am gesamten Text belegen können. Denn anders als die Meinung vieler, literarische Texte erlaubten jede Auslegung, ist dies eben nicht so. Die Deutung muss sich am Text belegen lassen.

Schließlich entspricht die Deutung auch den von HRK in zahlreichen anderen Texten propagierten Rollen- und Geschlechterbildern. Sein Verständnis von Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau mit dem Zweck Kindern zu bekommen hat er - um nur ein Beispiel zu nennen - bereits in seinem Kirchentagssong "Mehr als dies" propagiert, was durchaus auch kritisiert wurde.


Auf seiner Lesereise hat sich HRK im Übrigen auch ganz offen als Verächter von Frauenfußball geoutet (da frage ich mich dann warum: weil die dann nicht am Herd stehen oder Kinder kriegen?) - ohne jede Ironie.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von Miro »

An hat geschrieben:Ich habe eigentlich als Hetero mit Frau und Kind so gar nicht das Gefühl zu einer Minderheit zu zählen, auch wenn ich mehrere homosexuelle Menschen persönlich kenne. Und daher auch weiß, wie gering die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Menschen immer noch ist, was dazu führt, dass es für diese Menschen in vielen Zusammenhängen schwer ist, sich zu einer homosexuellen Beziehung zu bekennen oder ganz konkret mit seinem Partner/seiner Partnerin überall hinzugehen. Dies zeigt mir, dass es mit der Gleichstellung dieser Menschen noch nicht wirklich weit her ist. Nicht verstehen kann ich hingegen die Angst, dass Homosexuelle anderen ihre Lebensweise vorschreiben wollten oder eine Bedrohung für Heterosexuelle darstellten. Wenn man sich ansieht, was hierzu beispielsweise die AfD und andere absondern, ist dies doch sehr befremdlich: Als ob etwa die Thematisierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in der Schule aus heterosexuellen plötzlich homosexuelle Menschen macht.

Solange es keine tatsächliche Gleichberechtigung gibt, kann ich nachvollziehen, wenn z.B. Prominente sich dafür öffentlich einsetzen. Aber zu behaupten, dass diese so tun als seien sie eine Mehrheit, kann ich nicht nachvollziehen und halte das für eine sehr verzehrte und vielleicht auch von der eigenen Angst gesteuerte Wahrnehmung.

Nun zum Text:
Hier wird aus der öffentlichen Debatte das Argument aufgegriffen, dass es eine Form der Diskrimminierung sei, wenn nicht jeder jeden heiraten oder jedes Paar ein Kind adoptieren dürfe. Mittel der Kritik ist hier die Übertreibung (sich selbst heiraten, sich selbst adoptieren, als die Forderung von etwas, das nicht geht), die letztlich das Argument der Diskrimminierung (wiederholt am Ende mehrerer Strophen: "ich laß mich doch nicht kritisieren") ab absurdum führen und so zurückweisen soll. Deutlich wird in der zweiten Strophe die Kritik am "Hätscheln" von Minderheiten. Die Ausweitung von Minderheitsrechten gehe, so die These in Strophe 2, zu Lasten der anderen. Im Folgenden wird das Nicht-Kinder-Kriegen-Können (wie etwa bei homosexuellen Paaren) oder -Wollen (was im Umkehrschluss dann heißt, dass alle (insbesondere Frauen) gefälligst Kinder zu bekommen haben) negativ dargestellt. Schließlich soll das traditionelle Modell der Ehe bestehend aus Vater und Mutter (und damit auch logischerweise aus Kind(ern)) verteidigt werden.

Wenn HRK im Interview das Stück als Fortsetzung der "Romanze" bezeichnet hat, dann ist dies eher mit einem Augenzwinkern zu verstehen. In der Romanze geht es um Einsamkeit - in der Folge des Sich-selbst-Heiratens oder -Adoptierens würde der Mensch auch einsam - aber das ist hier wohl kaum das Thema.

Möglicherweise kann man das "Jawort" auch anders deuten - das müsste man dann aber am gesamten Text belegen können. Denn anders als die Meinung vieler, literarische Texte erlaubten jede Auslegung, ist dies eben nicht so. Die Deutung muss sich am Text belegen lassen.

Schließlich entspricht die Deutung auch den von HRK in zahlreichen anderen Texten propagierten Rollen- und Geschlechterbildern. Sein Verständnis von Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau mit dem Zweck Kindern zu bekommen hat er - um nur ein Beispiel zu nennen - bereits in seinem Kirchentagssong "Mehr als dies" propagiert, was durchaus auch kritisiert wurde.


Auf seiner Lesereise hat sich HRK im Übrigen auch ganz offen als Verächter von Frauenfußball geoutet (da frage ich mich dann warum: weil die dann nicht am Herd stehen oder Kinder kriegen?) - ohne jede Ironie.
Ich halte diese Interpretation des Textes "Das Jawort" zwar für möglich, aber doch für zu empfindlich. Es besteht ja keine Pflicht, bei einem Text Auslegungsmöglichkeiten zu verbauen, nur um eine Personengruppe ganz sicher aus dem Schussfeld zu nehmen. Homosexuelle tauchen im Text nicht auf und haben deswegen keinen Grund, sich als im Mittelpunkt des Stücks stehend zu empfinden.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von MartinB »

DasThema "geschlechtliche Identität" halte ich für überbewertet. Mag doch jede/r so hetero-/homo-/metro-/trans-/bi-/pseudo-/sonstwasso-sexuell drauf sein wie er/sie/es (nicht zutreffendes bitte (unter-) streichen) sein wie ersieusw. es sein will /muss/möchte. Das sollte besser und einfacher Privatsache sein ("Jede/r vögle für sich allein" :mrgreen: ) und gut... reicht doch wenn man sich seine/r selbst sicher ist, was das betrifft und fähig ist, mit potent/zielle/n Partner/innen darüber zu kommunizioneren, ehe man/frau zur Tat schreitet...

Mir erscheint es auch schlüssig, dass Heinz mit dem Jawort die konsequente Fortsetzung und Weiterentwicklung der "Romanze" liefert. Und wer weiss, vielleicht wird dem Repertoire der sexuellen Identitäten in recht naher Zukunft der Begriff der "Egosexualität" hinzugefügt. Nach dem Motto "I love me selber" heiratet man sich dann selbst, kann/darf Kinder adoptieren oder sich günstlich befruchten lassen... Theoretisch ist da ja noch so einiges im Pott..

Heinz deswegen pro oder contra irgendeiner der verfügbaren Spielarten zuzuordnen oder den Song als Meinungsäusserung dazu zu interpretieren erscheint mir übergendifiziert motiviert.

Das ist einfach Romanze Teil2 und gut. Funzkioniert ja auch prächtig in diesem Kontext.

Und Frauenfussball, naja, mich interessiert noch nichtmal Männerfussball. Ich toleriere beides, bin aber auch offen für gern auch hämische Kritik an beidem. Vor der Wahl Brot oder Spiele bevorzuge ich generell ersteres. Da dürfen dann auch gerne Frauen den Teig kneten. Nix gegen Bäckerinnen. Aber wie so oft gibt es keine Wahl: es gibt eben Brot UND Spiele, genauso wie Männer- UND Frauenfussball. Von daher ab dafür! Ohne Brot ists schwierig, ohne Fussball leicht. Solange Heinz nicht öffentlich über Bäckerinnen Schmähgedichte verfasst sei ihm der Spass gegönnt.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von An »

Puh, laue Verteidigungen, die nicht auf den Text eingehen und mich nicht überzeugen können. Wer macht denn einmal eine Interpretation in Richtung Romanze? Dann geht es um Einsamkeit, weil man ein selbstverliebtes, egoistisches Leben führt, nicht heiratet und keine Kinder bekommt? Ich bin gespannt!
Kalle
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von Kalle »

AN: Puh, laue Verteidigungen, die nicht auf den Text eingehen und mich nicht überzeugen können.
Ich für meine Person habe zum einen nicht vor HEINZ zu verteidigen (Bin ich Anwalt?) und auch nicht vor, Dich AN zu überzeugen! Wovon denn? Das HEINZ nichts gegen Frauenfußball hat und auch nichts gegen, Zitat MartinB: DasThema "geschlechtliche Identität" halte ich für überbewertet. Mag doch jede/r so hetero-/homo-/metro-/trans-/bi-/pseudo-/sonstwasso-sexuell drauf sein wie er/sie/es (nicht zutreffendes bitte (unter-) streichen) sein wie ersieusw. es sein will /muss/möchte. Das sollte besser und einfacher Privatsache sein ("Jede/r vögle für sich allein" :mrgreen: ) und gut... reicht doch wenn man sich seine/r selbst sicher ist, was das betrifft und fähig ist, mit potent/zielle/n Partner/innen darüber zu kommunizioneren, ehe man/frau zur Tat schreitet...
Wie wollen wir dann mit "Aber Menschen?" umgehen? uih... ich bin dann mal weg :lol:

Ich liebe dich Briefkasten
wie das Gelbe vom Ei
ich liebe dich Turnschuh
ich bleibe dabei
ich liebe dich Duschkopf
alles Gute kommt von oben
ja ich werde dich immer
verehren und loben

Aber Menschen?
Wie soll das gehen?
Menschen kann man lieben?
Wie darf ich das verstehen?
Menschen sind Männer
Menschen sind Frauen
Wie soll man sowas mögen?
Wie kann man denen trauen?

Ich liebe dich Korken
du Gewissen der Flasche
ich liebe dich Hose
und Stoffeinkaufstasche
ich liebe die Steine
und flirte mit Pflanzen
die lassen mich in Ruhe
und wollen nicht tanzen

Aber Menschen?
Das muß man sich doch fragen!
Wirklich mit Menschen
kannst du mich jagen
Menschen sind peinlich
bemüht und behaart
ein Witz auf eigene Kosten:
die Schöpfungs-Avantgarde
Schon bei den Tieren ist Vorsicht geboten
sie schmeicheln sich ein auf samtigen Pfoten
doch nicht nur der Pittbull verdient seine Rüge
das Tier allgemein steht an der Schwelle der Lüge
Und dann erst Menschen
muß ich mehr sagen?
perfide Intrigen
an den besseren Tagen
daß die Balken sich biegen
ist eher die Regel
Männer und Frauen – Menschen
igitt was für Flegel

Aber Menschen? Wie soll das gehen?
Menschen kann man lieben?
Wie darf ich das verstehen?
Aber Menschen? Aber Menschen?
Nee ...Menschen?
Geh mir weg ...Menschen...
Schreibe (Redet), was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es lesen (hören).
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von Miro »

An hat geschrieben:Puh, laue Verteidigungen, die nicht auf den Text eingehen und mich nicht überzeugen können.
Es ist eine Frage der Empfindlichkeit. Die Strophe mit den Minderheiten kann auch auf Menschen gemünzt sein, die meinen, auf niemanden angewiesen zu sein. Diese stellen auch eine Minderheit dar. Als Angehöriger dieser Minderheit fordert das "Ich" die Rechte ein, die andere Minderheiten auch haben. Sonst fühlt es sich diesen Minderheiten gegenüber diskriminiert.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von An »

Also Fußballspielende Frauen als Minderheit. Inwiefern meinen die auf niemanden angewiesen zu sein? Verstehe ich so noch nicht.

"Auch Frauen dürfen Fußball spielen" - hat schon etwas mit Gleichberechtigung zu tun. Dieses Recht wäre in der Strophe aber ein Beispiel für das Verhätscheln von MInderheiten. Oder der Frauenfußball ist Teil kein Beispiel für das Verhatscheln von Minderheiten, sondern es ist eine Aufzählung: 1.Minderheiten werden verhätschelt, 2. Frauen dürfen Fußball spielen. Das lyrische Ich fühlt sich aber schlecht bzw. benachteiligt, wenn Minderheitenrechte ausgeweitet werden oder Frauen Fußball spielen. Etwas anderes lässt sich aus der Strophe aber kaum machen.

Wir müssen bei der Interpretation aber auch die im Text genutzten (Signal-)Wörter berücksichtigen und auf welches Thema sie hindeuten:
Frauen, Vater, Mutter, Heiraten, Kinder kriegen, adoptieren, Jawort (=Eheschließung, worauf auch die Formel "lieben bis der Tod scheidet deutet), Paare, Ehe (dafür steht auch das Monopol der Paare), Dreifaltigkeit (steht für Vater, Sohn und Heiliger Geist/Mutter?). Spricht eher gegen die Einsamkeitsinterpretation. Und somit deutet es eher auf das Thema klassische Familie und Rollenbilder.

Dann gibt es noch Begriffe wie diskriminieren (ist das am häufigsten genutzte Wort), Rechte, Tabu, Monopol der Paare und MInderheiten. Auch das müsste ja bei einer Interpretation schlüssig erklärt werden.

Zu "Aber Menschen?": Hier ist das lyrische Ich ein Mi­s­an­th­rop, also jemand, der keine Menschen mag und dem die aufgezählten Gegenstände näher sind als seine Mitmenschen. Begründet wird dies mit den genannten schlechten Eigenschaften der Menschen (kann man nicht trauen, sind peinlich, unansehnlich, nicht die Krone der Schöpfung, lügen und spinnen Intrigen). Das Tier ist den Menschen näher als die Gegenstände und tendiert damit zu ähnlich beklagenswerten Eigenschaften.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von Miro »

An hat geschrieben:Also Fußballspielende Frauen als Minderheit. Inwiefern meinen die auf niemanden angewiesen zu sein? Verstehe ich so noch nicht.

"Auch Frauen dürfen Fußball spielen" - hat schon etwas mit Gleichberechtigung zu tun. Dieses Recht wäre in der Strophe aber ein Beispiel für das Verhätscheln von MInderheiten. Oder der Frauenfußball ist Teil kein Beispiel für das Verhatscheln von Minderheiten, sondern es ist eine Aufzählung: 1.Minderheiten werden verhätschelt, 2. Frauen dürfen Fußball spielen. Das lyrische Ich fühlt sich aber schlecht bzw. benachteiligt, wenn Minderheitenrechte ausgeweitet werden oder Frauen Fußball spielen. Etwas anderes lässt sich aus der Strophe aber kaum machen.

Wir müssen bei der Interpretation aber auch die im Text genutzten (Signal-)Wörter berücksichtigen und auf welches Thema sie hindeuten:
Frauen, Vater, Mutter, Heiraten, Kinder kriegen, adoptieren, Jawort (=Eheschließung, worauf auch die Formel "lieben bis der Tod scheidet deutet), Paare, Ehe (dafür steht auch das Monopol der Paare), Dreifaltigkeit (steht für Vater, Sohn und Heiliger Geist/Mutter?). Spricht eher gegen die Einsamkeitsinterpretation. Und somit deutet es eher auf das Thema klassische Familie und Rollenbilder.

Dann gibt es noch Begriffe wie diskriminieren (ist das am häufigsten genutzte Wort), Rechte, Tabu, Monopol der Paare und MInderheiten. Auch das müsste ja bei einer Interpretation schlüssig erklärt werden.
Das "Ich", das da singt, ist der, der glaubt, auf niemanden angewiesen zu sein, nicht die fußballspielenden Frauen. Dieses "Ich", das sich als Angehöriger der Minderheit der Ichlinge im Verhältnis zu anderen Minderheiten diskriminiert fühlt, soll durch den Text bloßgestellt werden.

Meine erste Assoziation bei diesem Text war Schlingensiefs Aktion "Chance 2000", die den damaligen von der New Economy geprägten Ich-bezogenen Zeitgeist durch Übertreibung als lächerlich demaskiert hat.

Die Interpretation über die Signalwörter ist das, was ich mit Empfindlichkeit meine. Nur weil eine Interpretation in diesem Sinne möglich ist, muss man sich nicht darauf fixieren.
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Kontroverse Interpretationen von HRK-Songs

Beitrag von Thofrock »

An hat geschrieben: Auf seiner Lesereise hat sich HRK im Übrigen auch ganz offen als Verächter von Frauenfußball geoutet (da frage ich mich dann warum: weil die dann nicht am Herd stehen oder Kinder kriegen?) - ohne jede Ironie.
Wann war das denn?
Nach Anhörung der "Deutschland"-Aufnahmen vor ziemlich genau einem Jahr haben wir nämlich, eben ausgehend vom "Ja-Wort" das Thema Frauenfußball diskutiert. Und ich habe in einem dreiminütigen Monolog ausführlich erklärt, warum Frauenfußball in den letzten zehn Jahren qualitativ gewaltig zugelegt hat und jetzt Tugenden und ursprüngliche Bestandteile des Fußballs besetzt, die den Männern längst abhanden gekommen sind.

Heinz hat sich das aufmerksam angehört und schien von meinem Vortrag angetan. Wenn er in der Folgezeit weiterhin verächtlich argumentiert hätte, würde das bedeuten, dass ich doch nicht so überzeugend war wie ich dachte.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von manuelg »

Promostrategie - was ist das???

Neun Wochen nach VÖ ein Single-Video nachschieben ... Ein Hoch auf das HRK - Damagement!

-> https://www.youtube.com/watch?v=arKlmkI1yjM
Zuletzt geändert von manuelg am 01 Dez 2016, 21:49, insgesamt 1-mal geändert.
GEIST ist geil!

HRK, 2013
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von An »

Aber eine Interpretation ohne Berücksichtigung der Wörter - genauer gesagt ohne Berücksichtigung aller Wörter des Textes - ist keine Interpretation, sondern allenfalls Raten ins Blaue. Nicht nur in Mathematik, sondern auch bei der Literaturinterpretation gibt es Regeln.
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von Miro »

An hat geschrieben:Aber eine Interpretation ohne Berücksichtigung der Wörter - genauer gesagt ohne Berücksichtigung aller Wörter des Textes - ist keine Interpretation, sondern allenfalls Raten ins Blaue. Nicht nur in Mathematik, sondern auch bei der Literaturinterpretation gibt es Regeln.
Das, was bei James Joyce angemessen ist, ist es bei einem immer noch der Popularmusik zuzuordnenen Text nicht ohne Weiteres. Es ist ja nicht so, dass Liedtexte zwingend nur in eine Richtung interpretierbar wären. Dafür arbeiten Poptexte mit zuvielen Assoziationen. Wenn ich in der zweiten Strophe einen anderen Weg gehe, lande ich eben woanders. Dass ich im weiteren Verlauf des Textes auf die Idee komme, dass die zweite Strophe auch anders verstanden werden kann, bedeutet nicht, dass meine ursprüngliche Sichtweise falsch wäre. Auch bedeutet die Verwendung der Signalwörter in Richtung Familie und Rollenbilder beim "Jawort" nicht, dass die klassische Ehe befürwortet und homosexuelle Lebensformen verurteilt werden. Es wird lediglich die egoistische Lebensweise ins Lächerliche gezogen. Die Verbindung der egoistischen Lebensweise mit Homosexualität wird im Text nicht einmal angedeutet.
An
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Re: Neues Kunze Album "MEISTERWERKE:Verbeugungen"

Beitrag von An »

Ja, Kritik an "egoistischer Lebensweise". Als die wird aber im jede Form von Ehe bezeichnet, die nicht auf das Bekommen von Kindern ausgerichtet ist. Denn dass es um Ehe, Familie, Mann, Frau, Kinder geht, lässt sich doch nun wirklich nicht als Thema leugnen.
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