Re: KuK ›Uns fragt ja keiner‹ Tour 2013
Verfasst: 18 Feb 2013, 23:21
Als wahrscheinlich letzter von allen habe ich heute doch noch den Kukstick ins Haus geliefert bekommen!
Zum besseren Verständnis dieses Vorgangs muss ich kurz ein wenig Tonträgerbeschaffungshistorie zum besten geben: in den frühen Achtzigern erwarb ich die Schallplatte "Der schwere Mut" beim Dorfschallplattenladen in Lauenstein. Der war in einen Elektroladen integriert und wurde von einem sehr alten Elektrogeräteeinzelexperten nebenbei mitbetrieben. Die Platte sowie Heinz überhaupt war dort bis dahin unbekannt, also musste eine Bestellung aufgegeben werden. Diese wurde mehrfach sorgfältig und umständlich schriftlich niedergelegt, nachdem sogar eine Bestellnummer ermittelt werden konnte. Insgesamt dauerte das etwa eine halbe Stinkezigarrenlänge beim netten Verkäufer, bzw. eine damals noch mühsam Selbstgedrehtenlänge aus meiner Sicht. Bezahlen brauchte ich noch nicht, erst bei Abholung der Platte, was etwa eine Woche dauern sollte, also bis Montag. Die Platte war aber am Samstag schon da, nach gerade mal fünf Tagen! Ich bekam auf 20 Mark noch ein bisschen was raus sowie eine grosse bunte Grundig-Tüte dazu und war beeindruckt, wie raketenhaft flott das alles vor sich ging... Auch später hatte ich nie Anlass zu wahrer Ungeduld, wenn es um die Inbesitznahme von frischen Heinzereien ging. Nur einmal in den folgenden dreissig Jahren geschah es mir, dass ich zwei Wochen und mehr auf einen neuen Tonträger des Heinz Rudolf Kunze warten musste... und nur dem Einsatz modernster Technik ist zu verdanken, dass es nicht zwei Monate oder gar Jahrtausende wurden.
Davon unabhängig möchte ich noch vorab zu Protokoll geben, dass ich die Prinzen gar nicht leiden mag, sie anfangs für eine Art Kindergeburtstagskapelle der Neu-BRD hielt und später - schlimmer noch - irgendwie dermassen einfältig vorzeigedeutsch fand, so ähnlich wie Pur oder auch die toten Höschen noch immer auf mich wirken. Ist schon klar, dass die alle objektiv gut sind und es sicher auch gut meinen, womöglich sogar jede Menge gutes bewirken. Jaja, gutgut... Dennoch bin ich ein wenig vorab skeptisch, ähnlich wie ich es seinerzeit bei Purple Schulz war, als es an die Gemeinsame Sache ging. Aber ich glaube auch an einen ähnlich guten Ausgang der Sache, und dass Tobias Schlagzeuger ist macht ihn in meinen Augen interessanter das die Prinzen an sich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich mir z.B. noch gar nicht vorstellen, dass Heinz den Mann im Mond singt - ein Liedchen, dass ich als stumpfblöd in Erinnerung habe und bei dem ich mich jedesmal an den Kopf fasse, wenn ich ihm in irgendeinem Radio beiwohnen muss... Soviel zum Eingeständnis einer gewissen Voreingenommenheit, die zu bekennen mir hier ein Bedürfnis war.
Nachfolgend mein Ersthörprotokoll, obwohl ich ja diesmal der letzte Echtfan bin, der dies zu Gehör bekommt.
Uns fragt ja keiner -> mir vorab unplugged bekannt, macht aber nix. Den Anfang finde ich sympathisch, ein paar Session-Startgeräusche, eine Minute Einsatzwackeleien, wie es halt so klingt, wenn man gemütlich anfängt miteinander zu mucken. Beim Gesangseinsatz hats mich leicht erschreckt ob der plötzlichen heftigen Präsenz der Stimmen. Als sässen Heinz und Tobias einem auf dem Schoss und trällerten direkt hier in die einen Ohren rein und da zu den andren wieder raus. Nach kurzer Sichdrangewöhnerei macht sich Einverständnis breit - jo, das gefällt mir auf Anhieb, die beiden dürfen mir gern ausgiebig einen vorsingen. Tobias für sich verströmt kein befürchtetes Prinzen-Flair sondern singt "ganz normal". Inneres leichtes Kopfgekratze beim Satz "und sagen sie Heinz dann meinen sie Heiner", oder geht das nur mir so? Und die kleine jodelige Einlage in der Mitte macht gleich schonmal grinsende Freude. Prima Einstieg. Höflich, die Kapelle dann gleich vorzustellen, das sollten eigentlich immer alle bei erstbester Gelegenheit im Interesse aller Beteiligten erledigen. Der erste Eindruck der Band ist authentisch, quirlig und so live, liver gehts nicht - also im angenehmen Sinne "ganz normal". Den Text möchte ich mal als sehr selbstbewusst bezeichnen, was als Konzert-Opener prächtig passt.
Was hätten wir davon -> empfinde ich als selbstbeweihräucheriger und aufdringlicher als das erste Lied. Bleibt erstmal nichts von hängen und flaut auch musikalisch gleich wieder ab. Macht auf mich einen beliebigen Eindruck, klingt auch vom Text her nicht gerade heinzig. Kommt bei mir nichtmal gescheite Kommentierlust zu auf. Tja.
Radio Galere -> begrüsse ich sehr, schön böse und genau das richtige für einen Radioverächter und Medienbedenkenträger wie ich einer sein möchte. Nicht dass da irgendwas neues zum Ausdruck käme, aber der Ton macht die Kritik und den trifft Heinz souverän wie stets. Ich nehme an, die Wortbeiträge haben mit Kuk heinzlich wenig zu tun und nehme sie freudig als annehmbaren Bonus für den Kunzepuristen entgegen. Nachschub in der Sprächtäxtabteilung begrüsse ich immer wieder gern. Schön, dass dieser Kunzespezialität auch bei Kuk Raum gegeben wird.
Schlechtes Gewissen -> fängt ziemlich geil an, aber der Refrain ist mir dann erstmal zu flach. Klingt wie Status Quo zu NDW-Zeiten und ich muss noch überlegen, ob mir das wirklich gefällt. Ein Gewöhnungseffekt den Bandsound betreffend setzt bei mir ein - was die Prinzen-Abteilung betrifft kann ich (s.o.) nicht wirklich mitreden, aber so hat eine Kunzebegleitband definitiv noch nicht geklungen. Das machts mir prinzipiell schonmal interessant, ob und wie sich das weiter entwickelt. Dass sich so eine gewisse Eigenständigkeit des Projektes zeigt finde ich an sich erfreulich. Heinz kopiert sich nicht zwanghaft selbst. Es wird auch ersichtlich, dass leichter Mut im Spiel ist, so viele neue Stücke zu präsentieren. Ohne Wiedererkennungswert ist es schon schwieriger, dazu meinungsbildend tätig zu werden, was ich bis hierhin als sanft anstrengende Tätigkeit empfinde. Allein sich sowas zu trauen verdient jedenfalls Respekt und mir wird klar, dass hier ein wenig mehr Beschäftigung mit vonnöten sein wird, wozu ich gerne bereit bin. Gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass ich es nach dem elften Hören richtig klasse finden werde.
Fotos von Renee -> gefällt mir bis hierhin am besten, offenbar ein "echter" Kunze, der auf so ziemlich keiner Kunze-CD stören würde. Ein bisschen psychotisch, etwas kafkaesk (und tatsächlich, K. taucht auf im Text), ein bisschen surreal und von intensiver Schlichtheit wie z.B. Manchmal von der Richterskala. Sehr schönes Teil.
Ich will den kalten Krieg zurück -> aaaah, das erste Gänsehäutchen angesichts des famosen zweistimmigen Gesangs. Der Effekt trägt - zumindest mich - leider nicht über den gesamten Song, denn mit dem Einsatz der Drums und dem folgenden elektrifizierten Teil zerfasert die bis dahin anrührende Grundstimmung m.E. im ab da etwas überinspiriert wirkenden Arrangement. Den abschliessenden Refrain hätte man hingegen länger aushalten dürfen, denn den finde ich dann wieder richtig schön. Wäre eine schöne Gelegenheit für eine längere Jamsession gewesen. Wirkt so abrupt endend irgendwie unfertig, aber das scheint Teil des Konzeptes zu sein. Dieses Stück würde ich mir auch in einer sorgfältiger ausgefrickelten Studioversion wünschen, obwohl das ganze Konzert schon seinen gewissen eigenen Charme gerade durch die Skizzenhaftigkeit der Songs entwickelt. Noch habe ich mich nicht an den rohen Sound und die Ungeschliffenheiten gewöhnt aber ich kann mir gut vorstellen, gerade diese Unperfektionitäten recht bald besonders geil zu finden.
Mann im Mond -> nicht ganz so schlimm wie befürchtet, bzw. deutlich anders schlimm als erwartet. Ich bin dennoch froh, dass das Ding recht bald wieder vorbei ist. Aus humanitärem Grund kein weiterer Kommentar dazu.
Dein ist mein ganzes Herz -> öööhm, tja, mutige Bearbeitung einer an sich ziemlich guten Idee, das Ding mal ganz anders darzubieten. Die ganze Zeit hege ich schon den leisen Verdacht, dass Tobias zumindest im Vergleich zu Heinz ein sooo begnadeter Sänger nicht ist. Ich verstehe, was er singen will aber auch, dass er sich solistisch etwas überschätzt. Dass ich diese Interpretation jemals mögen werde ist wenig wahrscheinlich. Momentan finde ich es milde abscheulich, was mir da gesanglich angeboten wird. Die letzten beiden Stücke sind mir jedenfalls klare Tiefpunkte des Programms. Vielleicht hätte man besser die Finger von den Hits gelassen und statt dessen irgendwas ungefährliches gemeinsam gecovert um dem Publikum Wiedererkennungsmomente anzubieten, vielleicht House of the rising Sun oder sowas. Herz und Mond wirken auf mich fremdkörperig und ziemlich misslungen.
Wenn du sie siehst -> es geht das Gerücht, dass dieses Liedchen mit aufs nächste Verstärkungsalbum kommen soll und ich denke, och nööö, wenns geht dann macht das bitte lieber nicht. Ich kanns mir lebhaft vorstellen wie das klingen würde nach professioneller Soundbügelei und radioheischendem Allerweltsarrangement... Tobias hält dies für Heinzes schönstes Stück und hat vor Freude geweint, als er dies hörte? Ich will das nicht glauben und hoffe, dass er da was verwechselt. Er meinte sicher Du wirst kleiner wenn du weinst (was die komische Ansage erklären würde), und womit ich besser umgehen könnte. Mir dünkt Wenn du sie siehst belanglos und banal, macht mir keinen Spass und weinen könnte ich höchstens vor Langeweile, wenn ich dies mit anhöre. Immerhin kommt es nicht mit auf die CDs, wenn ich recht verstanden habe, was mit zu einem Kaufanreiz für mich werden könnte.
Melancholie -> jaaaa, das ist schön! Wunderschöne Melodie, in Duettszenen meisterliche Gesangsarbeit - fabelhaft! Heinz sollte ernsthaft erwägen, Tobias mal als Zweitstimme in die Verstärkung einzuladen. Tobias Stimmlage ist offenhörlich hervorragend geeignet, bei Heinz vermehrt glockenhellen Hochgesang zu induzieren. Ich höre hier berührend schöne Sangespassagen. Und Tobias ist m.E. gut beraten, möglichst wenig als Solist in Erscheinung zu treten... Dann passt das doch mit den beiden. Wie bei so einer Art Simon&Garfunkel vielleicht sogar. - Bleibt noch den interessanten und passenden Text zu rühmen, um das Loblied auf diesen schönen Song zu vollenden.
Euphorie -> könnte auch von der Reinen Nervensache sein, so niedermacherisch zeitlos kommt der Song daher. Roots-Kunze vom feinsten!
Insgesamt ist der mit dem Stick verbundene Fun-Fucktor in der letzten Viertelstunde stark angestiegen. Anfangs hatte ich ein Weilchen befürchtet, mit Archivmaterial der Rubrik "Skurriles ohne tiefere Bedeutung" zu tun zu haben. Inzwischen finden sich zunehmend ernstzunehmende Kunzeperlen bei KuK. Zudem meine ich eine Harmonisierung der Soundqualität zu vernehmen. Die Arbeit des Mixermans kann man jedenfalls gut mitverfolgen an der Aufnahme. Auch interessant.
Die Patenschaft -> heissa, was für ein Hammertext! Auf Spitzen getrieben, absolut unharmlos und im besten Sinne grenz-wertig. So heftig hat Heinz es m.E. mit diesem Thema noch nicht getrieben. Die kunzesche Form des Antifaschissmus ist ein roter Faden im Textwerk, den ich schon immer mit besonderer Mithäme verfolge, von daher macht mir die Patenschaft grossen Spass. Auch ein schöner inhaltlicher Kontrast zu den mir eher artig scheinenden Songtexten.
Das Handy -> geht der Song nicht auf ein reales Ereignis anlässlich eines Wohnzimmerkonzertes in Itzehoe 2009 oder so zurück? Seit der Berichterstattung darüber ist mir jedenfalls bekannt, dass es dieses Stück gibt. Ich mag es ja gar nicht wenn ich von einem Kunzestück weiss, welches ich noch nie gehört habe... Schon von daher ist es auch ein besonderes Verdienst der Rakete-Stickmacher, dass meine Neugier darauf endlich gestillt wurde. Nunja, ein Allerweltsrock´nröllchen wie man ihn jeden Abend in irgendeiner Kneipe oder so anhören kann, was gewiss nichts schlechtes bedeuten soll. Solide Hausmannsmusik eben.
Alles nur geklaut -> eeehoooeeeehooo.. autsch! Ich finds klasse, dass nicht auch "Küssen verboten" auf der Setliste steht. Immerhin ist das Ding wesentlich temperamentvoller gespielt und gesungen als meine schwache Erinnerung ans Original hergibt. Dann werde ich mal versuchen, es auch temperamentvoller nicht zu mögen.
Und sie lacht -> Audience Participation Time mit LaLaLaLaLa. Wird als konzertdramaturgisch unverzichtbar von mir geduldet. Da muss man durch wie andernorts durch die Halbzeitpause. Sxhon wieder so ein bisschen Status Quo, aber ohne Gitarrensolo. Hat seine Berechtigung. Ich muss es ja nicht mögen oder was dagegenhaben.
Finden Sie Mabel -> wie im dazugehörigen YouTube-Video schon aufgedeckt kommt hier eine Rhythmusmaschine zum Einsatz, nur dass man jetzt auch die Reaktion der Kapelle auf deren Einsatz zusätzlich verschärfend miterlebt. Die Bummsklatscherei killt Mabel gnadenlos, finde ich. So daneben wurde m.E. noch nie rumgemabelt. Spätestens jetzt ist der Schwachpunkt von KuK endgültig lokalisiert: immer wenn es gilt KunzeODERKünzel statt KunzeUNDKünzel wird es ein bisschen peinlich...
Überlebensmüde -> leitet hoffentlich wieder in tiefere Konzertgefilde über. Geeignet wäre der Text für solch ein Vorhaben.
Keine Luft mehr -> mal abgesehen von der wieder arg diskrepanten Sangesleistung der Protagonisten ist mir dies ein wertvolles, schräges und ganz schön böses Stückchen Musik welches mir so gut gefällt, dass mir die Dezemberdepression von 1981 wieder in den Sinn kommt, als wäre sie ein Genuss gewesen. Toll!
Unser Platz an der Sonne -> zum dritten mal beginnt ein Stück mit einem synthetischen Pock-Pock-PockPockPockPock und ich fürchte, da ist schon wieder die Rhythmusmaschine zugange. Doch diesmal ist auch Live-Schlagzeug dabei, das ist ja nochmal gutgegangen. Einen puren elektroperkussiven Reggae hätte ich auch nicht ertragen... Apropos Reggae, mit sowas bringt man mich immer zum gutfinden des Dargebotenen. Auch die Verwendung des Wortes Katzen beschert mir routinierte Verzückung. Von daher quittiere ich den Platz an der Sonne mit einem Lächeln und denke nicht tiefer drüber nach. Ein Udo-Jürgens-Sample... goldig...
Fast -> wenn es einen Gott gibt. Dem ist nichts hinzuzufügen.
A7 -> in mehrerer Hinsicht ein beachtenswertes Museumsstück von Musik und als solches unbedingt bewahrenswert in Zeiten wie diesen!
Hinsicht1: eine der ältesten und kontroversesten Geschichten der Welt wird dargeboten, gekonnt in die heutigen inneren und äusseren Welten übertragen. Göttlich.
Hinsicht2: eine der ältesten musikalischen Formen wird bemüht. Es geht um lupenreinen Blues(rock), dem es nichts hinzuzufügen gibt.
Hinsicht3: eins der ältesten musikalischen Rituale wird wiederbelebt: das Schlagzeugsolo! Es gibt gute Gründe, dass solches als weitgehend vergessen gilt.
All dies insgesamt macht A7 zu einer grandiosen Nummer, die ich spontan zu lieben beschlossen habe.
Auch toll: T.: "Ab Februar sing ich dann wieder Mann im Mond." H.: "Ist einfacher, ne, hehe..."
Undercover Man -> ausser Konkurrenz. Vielleicht habe ich Herrn Mills bei Eric Burdon mal live gesehen, und zwar 1988, 1991 und/oder 1994. Ja wow, Burdon Live geht ab wie Luzie, habe ich in sehr intensiver Erinnerung. Und was der mit seiner Band so alles angestellt hat... Sorry, aber dagegen ist KuK eine Tanztee-Veranstaltung - was angesichts der völlig anderen Intention des/der Sänger/s auch völlig ok ist. Dennoch eine nette Geste, dem Herrn Keyboarder Raum zu geben. Ist ja im Prinzip annehmbare Musik, aber auf einem Kunze-Tonträger eher verzichtbar, auch wenn Heinz ein paar Zeilen mitsingt. Dieser Song wird mich jedenfalls kaum weiter beschäftigen.
When Love comes calling -> viel besser als vergleichbares von Phil Collins war mein erster Eindruck, bis zum ersten Einsatz von Heinz. Heinz ist wirklich je oller je doller! Manche Passagen sind so schön gesungen dass in meinem Dunstkreis etwas schmilzt. Heinz Rudolf Kunze ist ein Super Sänger und wird immer besser. Das muss so klar mal kundgetan werden. Oder hatten wir das hier schonmal?
Es war nicht alles schlecht -> beeindruckt mich erst auf den zweiten Blick durch seine Suggestivkraft. Zieht einen unweigerlich hinein in vermeintlich bessere ältere Zeiten, von daher psychotechnisch sehr geschickt gemacht, was so ziemlich das beste ist, was man einem Song nachsagen kann. Es war ja auch nicht alles schlecht... Auf diese Weise lasse ich mich ganz gern mal wieder an diese oder jenes erinnern. Den Song finde ich eigentlich eher platt, aber seine Funktionalität ist beeindruckend.
Meine eigenen Wege -> möchte ich mal höflich als Grenzerfahrung anpreisen. Ein bisschen mit Leib und Seele ist auch mit dabei.
Leben auf der Flucht -> ganz schön geHALTvoll aufs erste Ohr. Klingt stark angeheinert. Kräftige Musik. Könnte auch ein Outtake von scheissegalwelchem Album sein. Der zweite Text von Tobias der mich richtig beeindruckt. Wirkt unspektakulär, routiniert, ein bisschen so als kenne man das Stück schon lange. Möglicherweise ist genau das das spektakuläre daran. Vorgegaukelte Vertrautheit, das ist schon ein starker Effekt.
Won´t forget these Days -> gute Idee von Heinz, das Stück mal zu singen, zumal das ja sicher mindestens Ehrensache war, auch dem Gitarrero ein Stück einzuräumen. Aber es tritt immer wieder derselbe Effekt ein - KuK können und sollten besser nicht covern, weil ihre eigenen Stücke zu gut für sowas sind. Ich nehm das zur Kenntnis, deponier das im "Englisch Heinz" - Ordner, und irgendwann begegnet mir das dann beim Randomhören wieder, nehme ich an. Dann werde ich wieder einen Moment lang eine Meinung dazu haben..
Im Aufbruch -> auch wieder heinzallerliebst gesungen und getextet. Minimalmusik - nur ein bisschen Keyboard bei den Stimmen. Ein kundenunfreundlicher musikalischer "Downer", welcher dem offiziellen Schluss des Konzertes einen unerwartet grüblerischen Touch aufdrückt. Die Chorpassagen sind wieder die Höhepunkte des Stücks. Dem Text nachzusinnen strengt ein bisschen an.
- drei Tage später... -
Lola -> kommt routiniert rüber. Fällt weder so noch so auf. Dem Publikum gefällts. Na denn erfüllts ja seinen Zweck.
Münchhausens Nachtlied - öööhm... sehr geeigneter Rausschmeisser, fällt mir dazu ein. In den tiefen Lagen gefällt mir Heinz nicht so. Da stehen sich die beiden akustisch gegenseitig im Weg ist mein Eindruck. Genau genommen finde ich das letzte Lied scheusslich. Zudem ist es fehlerhaft dargeboten. Sowas zu veröffentlichen ist doch wohl... genau -> mutig, ehrlich und authentisch zum Beispiel. Das Nachtlied gefällt mir nicht, aber ich bin höchst einverstanden, dass es dokumentiert ist. Die Geste dahinter zeugt von Vertrauen in die Fans.
In der Gesamtschau lebt Uns fragt ja keiner vom Unperfektionismus. Musikalisch bewanderte Erbsenzähler fänden endlich mal auf einem Kunzeprodukt haufenweise welche, gäbe es solche tatsächlich. Zudem ist die Musi auf weite Strecken recht überschaubar gehalten. Grosse Kompositionen sind das meist ja nicht. Tobias Gesang hat ein paar schreckliche Momente. Es gibt Soundwackeleien. Die GreatestHitsAbteilung geht m.E. völlig in die Hose. Die Verpackung ist komisch. Ein neues Format in der Sammlung erhöht deren Entropie. KuK ist auf mehrerlei Weise relatief anstrengend zu konsumieren. Da kommen schon einige Unperfektheiten zusammen. Entgegen landläufiger Erwartung machen jedoch gerade diese den besonderen Reiz des Konzerts für mich aus. Die Rohheit des Materials macht Spass, auch die Bühnenkonversation und Nebengeräusche. Es klingt als wäre man dabei. Fabelhaft! Aus einer sehr schönen Soundperspektive heraus aufgenommen. Jedes Detail ist geradezu peinlich genau wahrnehmbar... Mir ist das ganze manchmal so sehr sympathisch, dass ich mich beim hören gemeint fühle. Der gute alte Kunze-Empathie-Effekt... die beste Freiheit ist die Haiheit/Highheit...
Melancholie und Euphorie gefallen mir glaube ich am besten.
Die Sprechtexte sind grandios!
Zum besseren Verständnis dieses Vorgangs muss ich kurz ein wenig Tonträgerbeschaffungshistorie zum besten geben: in den frühen Achtzigern erwarb ich die Schallplatte "Der schwere Mut" beim Dorfschallplattenladen in Lauenstein. Der war in einen Elektroladen integriert und wurde von einem sehr alten Elektrogeräteeinzelexperten nebenbei mitbetrieben. Die Platte sowie Heinz überhaupt war dort bis dahin unbekannt, also musste eine Bestellung aufgegeben werden. Diese wurde mehrfach sorgfältig und umständlich schriftlich niedergelegt, nachdem sogar eine Bestellnummer ermittelt werden konnte. Insgesamt dauerte das etwa eine halbe Stinkezigarrenlänge beim netten Verkäufer, bzw. eine damals noch mühsam Selbstgedrehtenlänge aus meiner Sicht. Bezahlen brauchte ich noch nicht, erst bei Abholung der Platte, was etwa eine Woche dauern sollte, also bis Montag. Die Platte war aber am Samstag schon da, nach gerade mal fünf Tagen! Ich bekam auf 20 Mark noch ein bisschen was raus sowie eine grosse bunte Grundig-Tüte dazu und war beeindruckt, wie raketenhaft flott das alles vor sich ging... Auch später hatte ich nie Anlass zu wahrer Ungeduld, wenn es um die Inbesitznahme von frischen Heinzereien ging. Nur einmal in den folgenden dreissig Jahren geschah es mir, dass ich zwei Wochen und mehr auf einen neuen Tonträger des Heinz Rudolf Kunze warten musste... und nur dem Einsatz modernster Technik ist zu verdanken, dass es nicht zwei Monate oder gar Jahrtausende wurden.
Davon unabhängig möchte ich noch vorab zu Protokoll geben, dass ich die Prinzen gar nicht leiden mag, sie anfangs für eine Art Kindergeburtstagskapelle der Neu-BRD hielt und später - schlimmer noch - irgendwie dermassen einfältig vorzeigedeutsch fand, so ähnlich wie Pur oder auch die toten Höschen noch immer auf mich wirken. Ist schon klar, dass die alle objektiv gut sind und es sicher auch gut meinen, womöglich sogar jede Menge gutes bewirken. Jaja, gutgut... Dennoch bin ich ein wenig vorab skeptisch, ähnlich wie ich es seinerzeit bei Purple Schulz war, als es an die Gemeinsame Sache ging. Aber ich glaube auch an einen ähnlich guten Ausgang der Sache, und dass Tobias Schlagzeuger ist macht ihn in meinen Augen interessanter das die Prinzen an sich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich mir z.B. noch gar nicht vorstellen, dass Heinz den Mann im Mond singt - ein Liedchen, dass ich als stumpfblöd in Erinnerung habe und bei dem ich mich jedesmal an den Kopf fasse, wenn ich ihm in irgendeinem Radio beiwohnen muss... Soviel zum Eingeständnis einer gewissen Voreingenommenheit, die zu bekennen mir hier ein Bedürfnis war.
Nachfolgend mein Ersthörprotokoll, obwohl ich ja diesmal der letzte Echtfan bin, der dies zu Gehör bekommt.
Uns fragt ja keiner -> mir vorab unplugged bekannt, macht aber nix. Den Anfang finde ich sympathisch, ein paar Session-Startgeräusche, eine Minute Einsatzwackeleien, wie es halt so klingt, wenn man gemütlich anfängt miteinander zu mucken. Beim Gesangseinsatz hats mich leicht erschreckt ob der plötzlichen heftigen Präsenz der Stimmen. Als sässen Heinz und Tobias einem auf dem Schoss und trällerten direkt hier in die einen Ohren rein und da zu den andren wieder raus. Nach kurzer Sichdrangewöhnerei macht sich Einverständnis breit - jo, das gefällt mir auf Anhieb, die beiden dürfen mir gern ausgiebig einen vorsingen. Tobias für sich verströmt kein befürchtetes Prinzen-Flair sondern singt "ganz normal". Inneres leichtes Kopfgekratze beim Satz "und sagen sie Heinz dann meinen sie Heiner", oder geht das nur mir so? Und die kleine jodelige Einlage in der Mitte macht gleich schonmal grinsende Freude. Prima Einstieg. Höflich, die Kapelle dann gleich vorzustellen, das sollten eigentlich immer alle bei erstbester Gelegenheit im Interesse aller Beteiligten erledigen. Der erste Eindruck der Band ist authentisch, quirlig und so live, liver gehts nicht - also im angenehmen Sinne "ganz normal". Den Text möchte ich mal als sehr selbstbewusst bezeichnen, was als Konzert-Opener prächtig passt.
Was hätten wir davon -> empfinde ich als selbstbeweihräucheriger und aufdringlicher als das erste Lied. Bleibt erstmal nichts von hängen und flaut auch musikalisch gleich wieder ab. Macht auf mich einen beliebigen Eindruck, klingt auch vom Text her nicht gerade heinzig. Kommt bei mir nichtmal gescheite Kommentierlust zu auf. Tja.
Radio Galere -> begrüsse ich sehr, schön böse und genau das richtige für einen Radioverächter und Medienbedenkenträger wie ich einer sein möchte. Nicht dass da irgendwas neues zum Ausdruck käme, aber der Ton macht die Kritik und den trifft Heinz souverän wie stets. Ich nehme an, die Wortbeiträge haben mit Kuk heinzlich wenig zu tun und nehme sie freudig als annehmbaren Bonus für den Kunzepuristen entgegen. Nachschub in der Sprächtäxtabteilung begrüsse ich immer wieder gern. Schön, dass dieser Kunzespezialität auch bei Kuk Raum gegeben wird.
Schlechtes Gewissen -> fängt ziemlich geil an, aber der Refrain ist mir dann erstmal zu flach. Klingt wie Status Quo zu NDW-Zeiten und ich muss noch überlegen, ob mir das wirklich gefällt. Ein Gewöhnungseffekt den Bandsound betreffend setzt bei mir ein - was die Prinzen-Abteilung betrifft kann ich (s.o.) nicht wirklich mitreden, aber so hat eine Kunzebegleitband definitiv noch nicht geklungen. Das machts mir prinzipiell schonmal interessant, ob und wie sich das weiter entwickelt. Dass sich so eine gewisse Eigenständigkeit des Projektes zeigt finde ich an sich erfreulich. Heinz kopiert sich nicht zwanghaft selbst. Es wird auch ersichtlich, dass leichter Mut im Spiel ist, so viele neue Stücke zu präsentieren. Ohne Wiedererkennungswert ist es schon schwieriger, dazu meinungsbildend tätig zu werden, was ich bis hierhin als sanft anstrengende Tätigkeit empfinde. Allein sich sowas zu trauen verdient jedenfalls Respekt und mir wird klar, dass hier ein wenig mehr Beschäftigung mit vonnöten sein wird, wozu ich gerne bereit bin. Gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass ich es nach dem elften Hören richtig klasse finden werde.
Fotos von Renee -> gefällt mir bis hierhin am besten, offenbar ein "echter" Kunze, der auf so ziemlich keiner Kunze-CD stören würde. Ein bisschen psychotisch, etwas kafkaesk (und tatsächlich, K. taucht auf im Text), ein bisschen surreal und von intensiver Schlichtheit wie z.B. Manchmal von der Richterskala. Sehr schönes Teil.
Ich will den kalten Krieg zurück -> aaaah, das erste Gänsehäutchen angesichts des famosen zweistimmigen Gesangs. Der Effekt trägt - zumindest mich - leider nicht über den gesamten Song, denn mit dem Einsatz der Drums und dem folgenden elektrifizierten Teil zerfasert die bis dahin anrührende Grundstimmung m.E. im ab da etwas überinspiriert wirkenden Arrangement. Den abschliessenden Refrain hätte man hingegen länger aushalten dürfen, denn den finde ich dann wieder richtig schön. Wäre eine schöne Gelegenheit für eine längere Jamsession gewesen. Wirkt so abrupt endend irgendwie unfertig, aber das scheint Teil des Konzeptes zu sein. Dieses Stück würde ich mir auch in einer sorgfältiger ausgefrickelten Studioversion wünschen, obwohl das ganze Konzert schon seinen gewissen eigenen Charme gerade durch die Skizzenhaftigkeit der Songs entwickelt. Noch habe ich mich nicht an den rohen Sound und die Ungeschliffenheiten gewöhnt aber ich kann mir gut vorstellen, gerade diese Unperfektionitäten recht bald besonders geil zu finden.
Mann im Mond -> nicht ganz so schlimm wie befürchtet, bzw. deutlich anders schlimm als erwartet. Ich bin dennoch froh, dass das Ding recht bald wieder vorbei ist. Aus humanitärem Grund kein weiterer Kommentar dazu.
Dein ist mein ganzes Herz -> öööhm, tja, mutige Bearbeitung einer an sich ziemlich guten Idee, das Ding mal ganz anders darzubieten. Die ganze Zeit hege ich schon den leisen Verdacht, dass Tobias zumindest im Vergleich zu Heinz ein sooo begnadeter Sänger nicht ist. Ich verstehe, was er singen will aber auch, dass er sich solistisch etwas überschätzt. Dass ich diese Interpretation jemals mögen werde ist wenig wahrscheinlich. Momentan finde ich es milde abscheulich, was mir da gesanglich angeboten wird. Die letzten beiden Stücke sind mir jedenfalls klare Tiefpunkte des Programms. Vielleicht hätte man besser die Finger von den Hits gelassen und statt dessen irgendwas ungefährliches gemeinsam gecovert um dem Publikum Wiedererkennungsmomente anzubieten, vielleicht House of the rising Sun oder sowas. Herz und Mond wirken auf mich fremdkörperig und ziemlich misslungen.
Wenn du sie siehst -> es geht das Gerücht, dass dieses Liedchen mit aufs nächste Verstärkungsalbum kommen soll und ich denke, och nööö, wenns geht dann macht das bitte lieber nicht. Ich kanns mir lebhaft vorstellen wie das klingen würde nach professioneller Soundbügelei und radioheischendem Allerweltsarrangement... Tobias hält dies für Heinzes schönstes Stück und hat vor Freude geweint, als er dies hörte? Ich will das nicht glauben und hoffe, dass er da was verwechselt. Er meinte sicher Du wirst kleiner wenn du weinst (was die komische Ansage erklären würde), und womit ich besser umgehen könnte. Mir dünkt Wenn du sie siehst belanglos und banal, macht mir keinen Spass und weinen könnte ich höchstens vor Langeweile, wenn ich dies mit anhöre. Immerhin kommt es nicht mit auf die CDs, wenn ich recht verstanden habe, was mit zu einem Kaufanreiz für mich werden könnte.
Melancholie -> jaaaa, das ist schön! Wunderschöne Melodie, in Duettszenen meisterliche Gesangsarbeit - fabelhaft! Heinz sollte ernsthaft erwägen, Tobias mal als Zweitstimme in die Verstärkung einzuladen. Tobias Stimmlage ist offenhörlich hervorragend geeignet, bei Heinz vermehrt glockenhellen Hochgesang zu induzieren. Ich höre hier berührend schöne Sangespassagen. Und Tobias ist m.E. gut beraten, möglichst wenig als Solist in Erscheinung zu treten... Dann passt das doch mit den beiden. Wie bei so einer Art Simon&Garfunkel vielleicht sogar. - Bleibt noch den interessanten und passenden Text zu rühmen, um das Loblied auf diesen schönen Song zu vollenden.
Euphorie -> könnte auch von der Reinen Nervensache sein, so niedermacherisch zeitlos kommt der Song daher. Roots-Kunze vom feinsten!
Insgesamt ist der mit dem Stick verbundene Fun-Fucktor in der letzten Viertelstunde stark angestiegen. Anfangs hatte ich ein Weilchen befürchtet, mit Archivmaterial der Rubrik "Skurriles ohne tiefere Bedeutung" zu tun zu haben. Inzwischen finden sich zunehmend ernstzunehmende Kunzeperlen bei KuK. Zudem meine ich eine Harmonisierung der Soundqualität zu vernehmen. Die Arbeit des Mixermans kann man jedenfalls gut mitverfolgen an der Aufnahme. Auch interessant.
Die Patenschaft -> heissa, was für ein Hammertext! Auf Spitzen getrieben, absolut unharmlos und im besten Sinne grenz-wertig. So heftig hat Heinz es m.E. mit diesem Thema noch nicht getrieben. Die kunzesche Form des Antifaschissmus ist ein roter Faden im Textwerk, den ich schon immer mit besonderer Mithäme verfolge, von daher macht mir die Patenschaft grossen Spass. Auch ein schöner inhaltlicher Kontrast zu den mir eher artig scheinenden Songtexten.
Das Handy -> geht der Song nicht auf ein reales Ereignis anlässlich eines Wohnzimmerkonzertes in Itzehoe 2009 oder so zurück? Seit der Berichterstattung darüber ist mir jedenfalls bekannt, dass es dieses Stück gibt. Ich mag es ja gar nicht wenn ich von einem Kunzestück weiss, welches ich noch nie gehört habe... Schon von daher ist es auch ein besonderes Verdienst der Rakete-Stickmacher, dass meine Neugier darauf endlich gestillt wurde. Nunja, ein Allerweltsrock´nröllchen wie man ihn jeden Abend in irgendeiner Kneipe oder so anhören kann, was gewiss nichts schlechtes bedeuten soll. Solide Hausmannsmusik eben.
Alles nur geklaut -> eeehoooeeeehooo.. autsch! Ich finds klasse, dass nicht auch "Küssen verboten" auf der Setliste steht. Immerhin ist das Ding wesentlich temperamentvoller gespielt und gesungen als meine schwache Erinnerung ans Original hergibt. Dann werde ich mal versuchen, es auch temperamentvoller nicht zu mögen.
Und sie lacht -> Audience Participation Time mit LaLaLaLaLa. Wird als konzertdramaturgisch unverzichtbar von mir geduldet. Da muss man durch wie andernorts durch die Halbzeitpause. Sxhon wieder so ein bisschen Status Quo, aber ohne Gitarrensolo. Hat seine Berechtigung. Ich muss es ja nicht mögen oder was dagegenhaben.
Finden Sie Mabel -> wie im dazugehörigen YouTube-Video schon aufgedeckt kommt hier eine Rhythmusmaschine zum Einsatz, nur dass man jetzt auch die Reaktion der Kapelle auf deren Einsatz zusätzlich verschärfend miterlebt. Die Bummsklatscherei killt Mabel gnadenlos, finde ich. So daneben wurde m.E. noch nie rumgemabelt. Spätestens jetzt ist der Schwachpunkt von KuK endgültig lokalisiert: immer wenn es gilt KunzeODERKünzel statt KunzeUNDKünzel wird es ein bisschen peinlich...
Überlebensmüde -> leitet hoffentlich wieder in tiefere Konzertgefilde über. Geeignet wäre der Text für solch ein Vorhaben.
Keine Luft mehr -> mal abgesehen von der wieder arg diskrepanten Sangesleistung der Protagonisten ist mir dies ein wertvolles, schräges und ganz schön böses Stückchen Musik welches mir so gut gefällt, dass mir die Dezemberdepression von 1981 wieder in den Sinn kommt, als wäre sie ein Genuss gewesen. Toll!
Unser Platz an der Sonne -> zum dritten mal beginnt ein Stück mit einem synthetischen Pock-Pock-PockPockPockPock und ich fürchte, da ist schon wieder die Rhythmusmaschine zugange. Doch diesmal ist auch Live-Schlagzeug dabei, das ist ja nochmal gutgegangen. Einen puren elektroperkussiven Reggae hätte ich auch nicht ertragen... Apropos Reggae, mit sowas bringt man mich immer zum gutfinden des Dargebotenen. Auch die Verwendung des Wortes Katzen beschert mir routinierte Verzückung. Von daher quittiere ich den Platz an der Sonne mit einem Lächeln und denke nicht tiefer drüber nach. Ein Udo-Jürgens-Sample... goldig...
Fast -> wenn es einen Gott gibt. Dem ist nichts hinzuzufügen.
A7 -> in mehrerer Hinsicht ein beachtenswertes Museumsstück von Musik und als solches unbedingt bewahrenswert in Zeiten wie diesen!
Hinsicht1: eine der ältesten und kontroversesten Geschichten der Welt wird dargeboten, gekonnt in die heutigen inneren und äusseren Welten übertragen. Göttlich.
Hinsicht2: eine der ältesten musikalischen Formen wird bemüht. Es geht um lupenreinen Blues(rock), dem es nichts hinzuzufügen gibt.
Hinsicht3: eins der ältesten musikalischen Rituale wird wiederbelebt: das Schlagzeugsolo! Es gibt gute Gründe, dass solches als weitgehend vergessen gilt.
All dies insgesamt macht A7 zu einer grandiosen Nummer, die ich spontan zu lieben beschlossen habe.
Auch toll: T.: "Ab Februar sing ich dann wieder Mann im Mond." H.: "Ist einfacher, ne, hehe..."
Undercover Man -> ausser Konkurrenz. Vielleicht habe ich Herrn Mills bei Eric Burdon mal live gesehen, und zwar 1988, 1991 und/oder 1994. Ja wow, Burdon Live geht ab wie Luzie, habe ich in sehr intensiver Erinnerung. Und was der mit seiner Band so alles angestellt hat... Sorry, aber dagegen ist KuK eine Tanztee-Veranstaltung - was angesichts der völlig anderen Intention des/der Sänger/s auch völlig ok ist. Dennoch eine nette Geste, dem Herrn Keyboarder Raum zu geben. Ist ja im Prinzip annehmbare Musik, aber auf einem Kunze-Tonträger eher verzichtbar, auch wenn Heinz ein paar Zeilen mitsingt. Dieser Song wird mich jedenfalls kaum weiter beschäftigen.
When Love comes calling -> viel besser als vergleichbares von Phil Collins war mein erster Eindruck, bis zum ersten Einsatz von Heinz. Heinz ist wirklich je oller je doller! Manche Passagen sind so schön gesungen dass in meinem Dunstkreis etwas schmilzt. Heinz Rudolf Kunze ist ein Super Sänger und wird immer besser. Das muss so klar mal kundgetan werden. Oder hatten wir das hier schonmal?
Es war nicht alles schlecht -> beeindruckt mich erst auf den zweiten Blick durch seine Suggestivkraft. Zieht einen unweigerlich hinein in vermeintlich bessere ältere Zeiten, von daher psychotechnisch sehr geschickt gemacht, was so ziemlich das beste ist, was man einem Song nachsagen kann. Es war ja auch nicht alles schlecht... Auf diese Weise lasse ich mich ganz gern mal wieder an diese oder jenes erinnern. Den Song finde ich eigentlich eher platt, aber seine Funktionalität ist beeindruckend.
Meine eigenen Wege -> möchte ich mal höflich als Grenzerfahrung anpreisen. Ein bisschen mit Leib und Seele ist auch mit dabei.
Leben auf der Flucht -> ganz schön geHALTvoll aufs erste Ohr. Klingt stark angeheinert. Kräftige Musik. Könnte auch ein Outtake von scheissegalwelchem Album sein. Der zweite Text von Tobias der mich richtig beeindruckt. Wirkt unspektakulär, routiniert, ein bisschen so als kenne man das Stück schon lange. Möglicherweise ist genau das das spektakuläre daran. Vorgegaukelte Vertrautheit, das ist schon ein starker Effekt.
Won´t forget these Days -> gute Idee von Heinz, das Stück mal zu singen, zumal das ja sicher mindestens Ehrensache war, auch dem Gitarrero ein Stück einzuräumen. Aber es tritt immer wieder derselbe Effekt ein - KuK können und sollten besser nicht covern, weil ihre eigenen Stücke zu gut für sowas sind. Ich nehm das zur Kenntnis, deponier das im "Englisch Heinz" - Ordner, und irgendwann begegnet mir das dann beim Randomhören wieder, nehme ich an. Dann werde ich wieder einen Moment lang eine Meinung dazu haben..
Im Aufbruch -> auch wieder heinzallerliebst gesungen und getextet. Minimalmusik - nur ein bisschen Keyboard bei den Stimmen. Ein kundenunfreundlicher musikalischer "Downer", welcher dem offiziellen Schluss des Konzertes einen unerwartet grüblerischen Touch aufdrückt. Die Chorpassagen sind wieder die Höhepunkte des Stücks. Dem Text nachzusinnen strengt ein bisschen an.
- drei Tage später... -
Lola -> kommt routiniert rüber. Fällt weder so noch so auf. Dem Publikum gefällts. Na denn erfüllts ja seinen Zweck.
Münchhausens Nachtlied - öööhm... sehr geeigneter Rausschmeisser, fällt mir dazu ein. In den tiefen Lagen gefällt mir Heinz nicht so. Da stehen sich die beiden akustisch gegenseitig im Weg ist mein Eindruck. Genau genommen finde ich das letzte Lied scheusslich. Zudem ist es fehlerhaft dargeboten. Sowas zu veröffentlichen ist doch wohl... genau -> mutig, ehrlich und authentisch zum Beispiel. Das Nachtlied gefällt mir nicht, aber ich bin höchst einverstanden, dass es dokumentiert ist. Die Geste dahinter zeugt von Vertrauen in die Fans.
In der Gesamtschau lebt Uns fragt ja keiner vom Unperfektionismus. Musikalisch bewanderte Erbsenzähler fänden endlich mal auf einem Kunzeprodukt haufenweise welche, gäbe es solche tatsächlich. Zudem ist die Musi auf weite Strecken recht überschaubar gehalten. Grosse Kompositionen sind das meist ja nicht. Tobias Gesang hat ein paar schreckliche Momente. Es gibt Soundwackeleien. Die GreatestHitsAbteilung geht m.E. völlig in die Hose. Die Verpackung ist komisch. Ein neues Format in der Sammlung erhöht deren Entropie. KuK ist auf mehrerlei Weise relatief anstrengend zu konsumieren. Da kommen schon einige Unperfektheiten zusammen. Entgegen landläufiger Erwartung machen jedoch gerade diese den besonderen Reiz des Konzerts für mich aus. Die Rohheit des Materials macht Spass, auch die Bühnenkonversation und Nebengeräusche. Es klingt als wäre man dabei. Fabelhaft! Aus einer sehr schönen Soundperspektive heraus aufgenommen. Jedes Detail ist geradezu peinlich genau wahrnehmbar... Mir ist das ganze manchmal so sehr sympathisch, dass ich mich beim hören gemeint fühle. Der gute alte Kunze-Empathie-Effekt... die beste Freiheit ist die Haiheit/Highheit...
Melancholie und Euphorie gefallen mir glaube ich am besten.
Die Sprechtexte sind grandios!