HRK goes Pegida?

[An]

Als Reaktion auf den abscheulichen gestrigen Anschlag hat HRK einen Text auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, der meines Erachtens nicht nur schlecht ist, sondern offenbar auch eine Zustimmung zu Pegida signalisiert - nach dem Motte: die haben recht. Ich halte dies nicht nur für falsch, sondern auch für problematisch. Zumal zahlreiche Journalisten der so bezeichneten "Lügen-Presse" seit Wochen Briefe bekommen, in denen steht, die Absender würden sich freuen, wenn deren redaktionen in die Luft fliegen. Da liegen zumindest einige Pegida-Anhänger und Islamisten offenbar nicht sehr weit auseinander. Vor diesem Hintergrund ist mir schon ganz mulmig, wenn ich an die Ankündigung des Stückes "Willkommen liebe Mörder" auf der kommenden HRK-CD denke.

[Thofrock]

Mich ärgert dieser Text auch. Allerdings schreibt HRK so viel, dass öfter mal was dabei ist, was mir nicht in den Kram paßt. Zum Thema Wulff z.B. haben wir uns öfter mal kontrovers auseinandergesetzt.

Aber einen wunden Punkt kann ich hoffentlich entschärfen. Der Text wurde zwar gestern eingestellt, ist aber bereits zwei Tage vorher entstanden. Heinz gestaltet seine FB-Seite zwar mit, betreibt sie aber natürlich nicht selbst.
Trotzdem keine gute Idee, diesen Text drei Stunden nach einem solchen Attentat online zu stellen. Da wußte jemand wohl noch gar nicht was passiert war. Hoffe ich zumindest.

[Miro]

War das beendete "Zweckbündnis mit dem bürgerlichen Lager" nur eine Zwischenstation?


Ich kann den Text nur so verstehen, dass HRK mit ihm z.B. diese Menschen ansprechen will:

[MartinB]

Wenn ich mir den Text so anschaue erkenne ich nichts Böses. Ausser Heinzes künstlerisch dargebotener Bosheit, die ich im übrigen sehr an ihm schätze und bei so ziemlich allen anderen Künstlern hierzulande im Repertoire vermisse. Damit meine ich "richtig böse", nicht nuhr "augenzwinkernd" oder des rhetorischen Effektes wegen eingesetzt - oder gar als Unter-haltungsmittel um das PoppKornVolk möglichst hopfig-sedierend anzubittern, 24/7 in den einschlägigen Medien als Kundenfänger auf Spitzen getrieben, nur mal so als Beispiel. Da finde ich Heinzes Beitrag zumindest für den Nahbereich deutlich brauchbarer als 48 Stunden Livestream mit finalem BatschBumm durch den Kopf geschissen zu bekommen. Genau das fehlt bei all dem Brimborium um böse Islamer, die richtig Mist bauen und böse Einheimische, die wegen den armen Muselmanen wagen, öffentlich Ängste zu äussern - dass mal einer direkt die persönliche Haltung dazu antriggert. Einem einen Text schenkt, der hilft die eigene Befindlichkeit dem gegenüber konkreter zu erleben. Muss man sich ja nicht drauf einlassen...

Scheint aber zu funktionieren, wenn ich das hier so lese.

In diesem Sinne ist der Text künstlerisch wertvoll. Bravo, Heinz!

P.S.: Ich glaube nicht, dass der Text als Reaktion auf tagesaktuelle Geschehnisse entstand. Es ist wahrscheinlich nur so, dass Heinz wie so oft Nägel auf Köpfe trifft, die gerade erst geschmiedet werden... Zufall, Schicksal, Kannstmichmal? Egal, es passt perfekt in die bestehende Cloud of History. Auch so ein Kunzefaszinosium, diese Treffsicherheit bei Zeitgeistschnappschüssen...

[Thofrock]

Es ist wahrscheinlich nur so, dass Heinz wie so oft Nägel auf Köpfe trifft, die gerade erst geschmiedet werden...

Nein, er trifft eben nicht. Der Text funktioniert, so wie Du ihn interpretierst, allenfalls losgelöst von den Dramen in Paris.
Deshalb verstört mich auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Als Reaktion auf das Attentat wäre der Text eine Katastrophe. Dass es sich tatsächlich aber um gar keine Reaktion handelt, werden viele gar nicht mitbekommen.

Ansonsten geht es Heinz vermutlich weniger um Pegida selbst, als um deren Ausgrenzung aus dem bürgerlichen Lager. Die Kanzlerin hat sich deutlich distanziert, die Kirchen wenden sich ab, und selbst der von Heinz hochgeschätzte "Vorzeigekonservative" Jan Fleischhauer hat Pegida in seiner aktuellen SPON-Kolummne pulverisiert.

[Miro]

Ansonsten geht es Heinz vermutlich weniger um Pegida selbst, als um deren Ausgrenzung aus dem bürgerlichen Lager. Die Kanzlerin hat sich deutlich distanziert, die Kirchen wenden sich ab, und selbst der von Heinz hochgeschätzte "Vorzeigekonservative" Jan Fleischhauer hat Pegida in seiner aktuellen SPON-Kolummne pulverisiert.

Wie können Leute, die wegen ihrer Sorgen gegen Schwächere gehen, dem bürgerlichen Lager angehören?

[An]

Eine deutliche Distanzierung von Pegida ist auch notwendig: Im Vordergrund stehen dort nicht Sorgen, sondern Ressentiments: gegen Ausländer, gegen die Presse, gegen die Parteien und überhaupt gegen die Demokratie. Stattdessen gibt es Bewunderung für den russischen TV-Sender auf deutsch, da der doch nicht zur Lügenpresse gehöre. Und die behauptete Islamisierung Deutschlands habe ich auch noch nicht wirklich erkennen können. Da wird von den Organisatoren sehr bewusst mit Keywords aus dem Spektrum des Rechtsradikalismus gearbeitet. D.h. soll nicht heißen, dass alle, die dort demonstrieren, rechtsradikal sind, aber sie sollten mittlerweile wissen, mit wem sie sich da einlassen. Und wenn sie gesprächsbereit wären, würden sie vielleicht erkennen, dass viele ihrer Ängste irrational sind. Aber viele von denen wollen ja gar nicht reden.

[Thofrock]

Ansonsten geht es Heinz vermutlich weniger um Pegida selbst, als um deren Ausgrenzung aus dem bürgerlichen Lager. Die Kanzlerin hat sich deutlich distanziert, die Kirchen wenden sich ab, und selbst der von Heinz hochgeschätzte "Vorzeigekonservative" Jan Fleischhauer hat Pegida in seiner aktuellen SPON-Kolummne pulverisiert.

Wie können Leute, die wegen ihrer Sorgen gegen Schwächere gehen, dem bürgerlichen Lager angehören?

Och, die CSU ist doch sogar die Speerspitze dessen, was man bürgerliches Lager nennt.

[An]

Heiner Lürig hat übrigens ein ganz anderes Statement auf seine Homepage gestellt: http://www.heinerluerig.de/nachrichten/

[Thofrock]

Ja, an "Aller Herren Länder" mußte ich auch öfter denken, seit die EU das Mittelmeer unsicherer gemacht hat.
Diese Folge der "Anstalt" aus dem letzten November zeichnet eine frappierende Analogie zwischen Mauerfall und Mauerbildung: https://www.youtube.com/watch?v=sD_5acDwOak
"AHL" wäre der perfekte Soundtrack dafür.

[An]

Deshalb verstört mich auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Als Reaktion auf das Attentat wäre der Text eine Katastrophe. Dass es sich tatsächlich aber um gar keine Reaktion handelt, werden viele gar nicht mitbekommen.

Auch wenn HRK ihn nicht selbst ins Netz gestellt hat, sondern hat ins Netz stellen lassen - er hätte dies auch verhindern oder zurücknehmen können. So bleibt es eine Reaktion auf die Attentate. Im Übrigen halte ich den Text auch unabhängig von den Attentaten für bescheuert.

[Thofrock]

Deshalb verstört mich auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Als Reaktion auf das Attentat wäre der Text eine Katastrophe. Dass es sich tatsächlich aber um gar keine Reaktion handelt, werden viele gar nicht mitbekommen.

Auch wenn HRK ihn nicht selbst ins Netz gestellt hat, sondern hat ins Netz stellen lassen - er hätte dies auch verhindern oder zurücknehmen können. So bleibt es eine Reaktion auf die Attentate. Im Übrigen halte ich den Text auch unabhängig von den Attentaten für bescheuert.

Für mich sind es eigentlich nur zwei, drei Zeilen, die dazu führen, dass ich mich Martins´s Interpretation nicht anschließen kann. Zwei, drei Zeilen, die mir keinen Spielraum lassen. Und zwar weil sie diese merkwürdige Opferrolle von Pegida aufgreifen und anerkennen.

Es ist ja nicht so, dass Heinz irgendwo die Ziele von Pegida thematisiert oder gar verteidigt. Es scheint ihm darum zu gehen, diesen bunten Haufen nicht pauschal abzuschreiben, und die Anliegen der Teilnehmer stärker zu beleuchten.

Die Frage, auf die sich das konzentriert, ist, kann man mit Leuten, die hinter Schildern wie "Sachsen muss Deutsch bleiben" herlaufen, sinnvoll diskutieren. Ich finde, nein.

[Miro]

Es ist ja nicht so, dass Heinz irgendwo die Ziele von Pegida thematisiert oder gar verteidigt. Es scheint ihm darum zu gehen, diesen bunten Haufen nicht pauschal abzuschreiben, und die Anliegen der Teilnehmer stärker zu beleuchten.

Es wäre mir neu, dass HRK Sensibilität für Armut in Deutschland hat. Er sieht sich wohl eher als Opfer („Sie hassen dich“, „Susanne es ist aus“, „Mit den Musikern im Hotel“).

[Thofrock]

Wie kommst Du jetzt auf Armut?
Und Texte zum Thema Verteilungsungerechtigkeit in allen Lebenslagen gibt es doch von Heinz reichlich. Mit "Papa hat Geld" kommt übrigens demnächst ein Weiterer hinzu.

[Miro]

Wie kommst Du jetzt auf Armut?
Und Texte zum Thema Verteilungsungerechtigkeit in allen Lebenslagen gibt es doch von Heinz reichlich. Mit "Papa hat Geld" kommt übrigens demnächst ein Weiterer hinzu.

Die eigene Armut dürfte ja das Anliegen der "Spaziergänger" sein.