Peine

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Kalle
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Peine

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PRESSE „Unser Dorf muss döner werden“ 3.10.07

Wolfgang Stute, Kunzes „Manager“, eröffnete, stimmte die Gitarre, stimmte ein. „Mit Flamenco-Fingernägeln, die nicht kratzen dürfen“ galoppierte er los, im Sausewind über die Saiten seiner Gitarre, zart bis hart – und schnell.

Von Kirsten Josel

Peine. Heinz Rudolf Kunze betrat die Bühne, setzte sich, sortierte sich, legte los, ebenso schnell: „Die Ampeln stehen auf schwul... die Wirklichkeit ist kein Ayurveda-Volkshochschulkurs... Deutschland ist auf dem Weg in den Abgrund. Bitte machen Sie sich Sorgen. Guten Abend!“

Kunze, der Wortspielakrobat und Liedermacher, las im Peiner Forum aus seinem neuen Buch „Ein Mann sagt mehr als tausend Worte“. Schnell – schneller als die Mundmuskulatur es zu erlauben schien – machte Kunze wieder klar, was er drauf hat, wie wir drauf sind. „Peace, Alter, Peace ... bloß keinen Frieden, Alter, Frieden ist irgendwie so deutsch ... Ich finde dich peinlich, ich finde dich dumm, wenn du es nicht tust, dann bring ich dich um.“ Dicht bepackt und wortgewalttätig grätschte er hinein in die Abgründe des Politischen und Privaten, in die globalen und persönlichen Krisen. Fies, gemein und böse pendelte er hin und her zwischen Polschmelze und deutschem Jammertal, zwischen Welt- und Beziehungs-Kriegen. Er rauschte hinab unter die Gürtellinie, hinein in fäkale und sexistische Verbalattacken, als wolle er ausloten: Wer lacht da noch, wen graust es schon? – und schwang sich doch auch wieder auf in lyrische Höhen. Die dreifachen Salti gelangen, waren gut gestanden – man hätte sie gern langsamer gehabt, aber dann funktionieren sie wohl nicht.

Niedlich für „3-jährige“ Global-Player verpackt: Die kleinen Melodramen von Birger, dem frierenden Polarfrosch, der sich auf wärmere Zeiten freut, das Aussterben seines Freundes Eisbär allerdings bedauert – „ein typischer Polarfrosch, ein Deutscher!“ – und dem vom Quallenpudding-Fastfood hoffnungslos verfetteten Blauwal Ottmar, der den Meeresspiegel zusätzlich mehr und mehr anhebt.

In den Atempausen zwischen den Themensprüngen begleitete Stute das Publikum auf der Gitarre hinein in kurze, sehr schön und virtuos umspielte Entspannungsphasen – gut gedacht und gut gemacht, denn wer Kunze bis an die Grenzen des schlechten und guten Geschmacks folgen und ihn verstehen will, muss sich konzentrieren können.

„Bitterböse, sarkastisch, negativ – aber auch irgendwie genial! Wenn man weiß, worauf man sich hier einlässt, dann kann man das gut ertragen“, fasst Regina Schneider aus Peine für sich zusammen.

Alles bittere Ironie – auch das Outfit? Sporthose mit Baggy-Hängeschritt, Sportschuhe und Kontrast-Goldkettchen. Auf nicht ironisch Gemeintes muss besonders hingewiesen werden: Kunze ist auch „Hoflieferant“ von Herrmann Van Veen, ja wirklich, und so spielen sie ein Stück aus dieser Werkstatt als Zugabe, zeigen, was sie können, was sich aus zwei Gitarren alles herausholen lässt, und das ist enorm. Letzte Zugabe, Stute auf dem „Katzenklo“, Percussion auf der Cajón, Kunze an der schwarzen Gitarre, sie spielen The Who, seine Favoriten, „We don´t get fool again“, es geht ab, geht rein, wummert im Brustkorb, ... Saite gerissen, macht nichts, alles geben ... Kunze und Stute strahlen! - Das Publikum steht beim Applaus!

http://www.paz-online.de/newsroom/regio ... 546,128852

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