Heute habe ich frei, und so habe ich mich in aller Frühe aufgemacht, zum Media Markt zu fahren, welcher wohl aus Sicherheitsgründen so platziert ist, dass ich als Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel maximalen Fahrspass beim Versuch selbigen zu erreichen erlebe. Fahrzeit incl. Anschlusswarterei laut Fahrplan hin und zurück 2Std.16Min. Für 12 Kilometer Luftlinie... Bremen-Rundfahrt ohne Aufpreis inclusive.
Es waren noch drei Exemplare vorrätig. 10Euro28 finde ich total ok. Im Real-Markt nebenan steht die Gunst der Stunde für 16Euro99, dafür aber auch ohne Bonustracks. Dort habe ich noch etwas Katzen- und Menschenfutter sowie ein paar Kostproben von hier nicht erhältlichen Biersorten relativ günstig eingekauft. Um 12 war ich wieder daheim, habe noch einige Unumgänglichkeiten erledigt und sitze nun (15Uhr) am Rechner, die CD frisch gerippt, und bin wild entschlossen der Reihe nach jedes Stück dreimal anzuhören und dabei meine Meinungsbildungsprozesse dazu für die Nachwelt zu dokumentieren. Nun denn, bis 20 Uhr muss ich fertig sein, denn es gibt noch andre schöne Dinge (rote Ampelmännchen, zierliche Fläschchen...), die dann noch meiner harren. Auf gehts...
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Hunderttausend Rosen - eine penetrante Unverschämtheit, aber als solche bis zum Erbrechen gelungen. Den Vernebelten wünsche ich viel Spass damit und mir selber einen Vorabdruck der Setliste. So könnte ich das Ding für eine gut getimte kleine Zigarettenpause während der Konzerte nutzen und/oder mal pieseln gehen. Ich mags überhaupt nicht, wünsche dem Ding in seiner Funktion als angestrebter Radiohit fairnesshalber dennoch herzlich Alles Gute.
Ich glaub du liebst mich - Stones-Parodie? Eigenkomposition einer Westernhagen-Coverband? Handwerklich über jeden Zweifel erhaben. Man kann nichtmal richtig drüber meckern. Ziemlich belanglose Altherrenfantasie eines Teilzeit-Rockstars, der wohl nie so richtig was mit echten Groupies zu tun hatte. Irgendwie empfinde ich dabei sowas wie Gleichgültigkeit. Schön kurz, das Stück!
In der Mitte der Sanduhr - Die ersten Töne klingen verdächtig nach Mit meinem leeren Glas und - wie schön - es entfaltet sich ein durchaus ebenbürtiger Song. Famoser Text, ich finde da viel Identifickationsfläche, fühle mich begleitet beim optimistisch berechneten Überschreiten der Lebensmitte. So mag ich den Heinz ganz besonders gerne. Und all die vielen kleinen Heinze, die mir von allen Seiten ins Ohr singen bei Kopfhörernutzung... Genussvoll und bunt. Einziges Manko: viel zu kurz, dieses wunderbare Stückchen Musik! Ich freue mich auf die Live-Umsetzung, weil ich da instinktief ganz viel mehr erwarte...
Ganz von selbst - Diese Raumstation ist einsam... Ich winke den Kometen... kommt mir vor, als hätte ich das irgendwo schonmal nahezu wörtlich so aus Heinzes Mund gehört. Wirkt wie ein Rückenwind-Outtake. Kann ich gut mit leben. Hübsches kleines liebes Liedchen. Mir ists milde sympathisch. Ich bin überhaupt kein Freund von Ausblenden, aber diese hier finde ich gelungen.
Kampfzone Mitte - Das AC/DC-Zitat am Anfang weckt mir erstmal Erwartungen, die sehr abrupt - und zwar mit dem Einsetzen des Gesangs - vollausgebremst werden. Was ist das denn? Heinz singt zu ...öööhm.... Softhardrock (oder wie nennt man sowas?) in Liedermachermanier? Oder muss ich mal zum Ohrenarzt? Was er da singt erinnert mich hier und da an das von allen guten Geistern verlassene Deutschland. Ist das Absicht (würde ja zum Thema bei wohlwollender Betrachtung passen)? Ich finde erstmal keine andere Erklärung für diese Diskrepanz zwischen Musik und Gesang, die mich arg irritiert und mir das Stück ziemlich misslungen erscheinen lässt, wenn auch auf eingermassen akzeptablem Niveau.
Ich liebe dich - Autsch! Auweia! UmGotteswillen... Am traurigsten daran ist das Ooohhooouhooo-Selbstzitat aus Rückenwind, welches ich hier als Gegenbeispiel für ein wirklich gelungenes Liebeslied anführen möchte. Weiteres Sakrileg: die kurze, aber deutliche Imagine-Leichenschändung in den ersten Tönen. Völlig überinstrumentiert (wie Honigbaiser mit Süssstoffüberzug), banal bis ins Mark - einfach nur peinlich... Hoffentlich hört das keiner, der meine Heinzliebe kennt... Selbst wenn ich genau jetzt völlig verknallt wäre - dieses Stück liesse es mich rechtzeitig nochmal überdenken, ob Schwulwerden oder Selbstkastration nicht auch annehmbare Optionen wären. Die berühmten drei Worte... da war doch mal was... achja... Zwei Bier bitte. Hilft vielleicht übers schlimmste hinweg.
Trockne deine Tränen - Ist das jetzt eine Nachwirkung von I.L.D., oder warum geht mir spontan der Refrääähääähäään total auf den Geist? Ich verstehe nicht was mit dem Text gemeint ist, kommt wohl vom jahrelangen Nichtfernsehngucken. Den Zusammenhang zwischen Musik und Text kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich fürchte, ich muss hier nochmal eine Verzichtbarkeitserklärung aussprechen. Irgendwas nervt mich an dem Stück. Sonst passiert nichts in mir beim hören. Doch - ich atme auf wenns vorbei ist...
Susanne es ist aus - Gefällt mir schon wieder etwas besser. Schön arrangiert und gesungen. Inhaltlich zwar schon wieder nicht gerade tiefschürfend oder wenigstens interessant, aber es macht Spass zu hören, was der Jens da an Ideen zusammengetrommelt hat. Hübsche kleine Stereo-Gimmicks unterm Kopfhörer. Darf meinetwegen sein wie es ist. Tut nicht weh, swingt sogar ein bisschen, Und dass Heinz mal öffentlich ein Lachen andeutet (oder ist das doch nur ein Husten auf doppelter Geschwindigkeit?) sei ihm verziehen.
Der stille Gast - Dass Heinz auch Lieder über den Tod macht, mag ich sowieso besonders an ihm. Von daher fällts mir leicht, auch diesen Song sofort zu mögen. So ab Minute Drei ist sogar mal etwas musikalisch bemerkenswertes im Gange, das Synthiesolo im endlich mal etwas komplexeren Arrangement meine ich. Sticht angenehm aus dem bisherigen der Durchhörbarkeit geschuldeten Einheitsbrei heraus und findet auch inhaltlich emotionale Andockstellen in mir. Mit dem stillen Gast bin ich ganz und gar einverstanden.
Wie man tanzt und singt - könnte auch von jedem anderen Album seit Dein ist mein ganzes Herz sein. "Der übliche Kunze" könnte man es ein bisschen böswillig nennen, aber ich bin heute milde gestimmt und erfreue mich am Wiedererkennungswert. Zudem ist es pädagogisch wertvoll und wenigstens nicht schon wieder ein Liebes- bzw. Beziehungslied. Ist total ok in meinen Ohren, was nicht heisst, dass es mich besonders beeindruckt. Passt störungsfrei ins Gesamtwerk, nicht mehr und nicht weniger.
Eisfrei - Faszinierend wie es maritime Stimmung erzeugt ohne die üblichen Klischees...

...ööhm...

Nee, im Ernst, ich finde das Ding wirklich recht angenehm. Duselt so sachte vor sich hin, ist eine freundliche Einladung und ein Wort wie eisfrei höre ich im Winter richtig gerne, besonders wenn Heinz es mir vorsingt.
Jeder weiss - Angenehme Überraschung. Endlich mal ein Text, der auch aus des uralten Kunzes Feder stammen könnte und zumindest in meiner privaten Textverarbeitung relevant erscheint. Die Musik ist schön old-fashioned und zudem ganz wunderbar getrommelt, was bei mir immer Pluspunkte gibt. Könnte auch als Lagerfeuer-Liedermachersong funktionieren. Assoziationen zu Sachen wie Cochise, Bettina Wegener, Bots und so´n Zeuchs machen sich bemerkbar, auch und besonders am Schluss. Wer macht denn heutzutage noch sowas? Dankeschön, das gefällt mir sehr und kommt auf die Liste der fortan oft zu hörenden und möglchst vielen Leuten vorzuspielenden Stücke.
Unbeliebt - Also der LaLaLaLa-Chor ist eine Zumutung und hoffentlich bloss parodistisch gemeint. Was mir verdächtig vorkommt ist die Verwendung zweier Sätze: Keiner hat mich richtig lieb und Ich wär so gern normal. 1981-86 gabs im Weserbergland eine Kapelle namens Schiminsky, in der ich für die Texte und die Trommelei zuständig war, und in einem Blues namens "Keiner hat mich richtig lieb" kamen eben diese beiden Sätze wortwörtlich vor... Das gibt mir irgendwie zu denken und stellt mir einen besonderen Bezug zu diesem Stück her. Ob das reicht es gut zu finden? Mal sehn, so weit kann ich jetzt noch gar nicht denken vor lauter Perplexität.
Dankeschön - Das hätte ich nun nicht mehr erwartet, dass es noch schlimmer als 100000 Rosen und Ich liebe dich kommt. Obwohl ganz so grauenvoll wie Ich liebe dich ist es nicht, zudem auch Gottseidank kürzer. Leider habe ich nicht mehr so viele Haare, um mir Trost deshalb daran herbeizuziehen oder sie gar so zu raufen, wie ich es möchte. Mein normalerweise warmer menschenfreundlicher Humor bewältigt es auch nicht, hier eine Pointe zu erkennen. Wenn Heinz mich verarschen will - bitteschön, das ist gelungen. Aber mich deshalb extra zum Mediamarkt zu schicken ist eine Frechheit ohnegleichen.
Waving in Trains - Lässt mich einigermassen ratlos zurück. Unbewertbar, ist eben ein Lied, nunja, soweit ich das beurteilen kann auch ganz passabel dargeboten. Es gibt keine Credits zu dem Song im Booklet, aber ich ahne dumpf, dass es eine Coverversion sein muss. Weiss hier jemand etwas genaueres dazu?
Meinungen - Im Dunkeln ist gut schunkeln. Könnte in der Vollxmusikszene bewusstseinserweiternde Wirkungen zeitigen, falls es dort inzwischen erlaubt ist, auf Texte zu achten. Wär ja im Prinzip wünschenswert. Ebenso wünschenswert fände ich aber auch, dass sich andere Künztler als ausgerechnet Heinz dieser Problematik annähmen und z.B. mir so unerwünschte Mitwisserschaft an diesem sicher notwendigen gesellschäftlichen Umbruch erspart bliebe.
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Ok, soviel zur Live-Reportage aus meinem Resthirn bzgl. der Verarbeitung der ersten Eindrücke der Gunst der Stunde Stück für Stück. Jedoch fürwahr, unser Wissen ist nur Stückwerk, deshalb werde ich die CD in den nächsten Tagen öfter mal komplett durchlaufen lassen und beobachten, wie dieses Oevre im Ganzen auf mich wirkt. Dazu gibts dann zu gegebener Zeit noch einen weiteren Kommentar