Ich bin ein sturer Nacken

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Mecki
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Ich bin ein sturer Nacken

Beitrag von Mecki »

Ich bin ein sturer Nacken - ein Interview von Andreas Weihs

Frage:
Sie waren schon einmal in der Semperoper. Wie ist das Gefühl, dort auf der Bühne zu stehen?
Heinz Rudolf Kunze:
Zunächst einmal ist es ein räumlich täuschendes Gefühl. Man hält diesen Saal für wesentlich größer, als er tatsächlich ist. Ich habe gehört, dass dort etwa 1200 Menschen reinpassen, es kommt einem aber wesentlich gigantischer vor durch die Opulenz des Bauwerks. Das ist natürlich etwas Besonderes für jeden Künstler. Es ist ja nicht üblich, dass dort Rockmusik stattfindet und insofern fühlt man sich da schon als sehr besonderer Gast.
Frage:
Sie wollen für „Klare Verhältnisse im Intimbereich“ sorgen. Warum nun diese kleine Bühnenvariante?
Heinz Rudolf Kunze:
Die Entscheidung, ein solches Programm zu machen, war keine rein künstlerische Entscheidung, sondern auch eine finanzielle. Mein Tourneeveranstalter, mit dem ich seit mehr als zehn Jahren sehr freundschaftlich arbeite, sagte mir: „Lieber Heinz, wir können einen zweiten Tourneeteil nur organisieren, wenn wir eine abgespeckte Besetzung auf die Reise schicken. Lass dir mal was einfallen.“ Das haben wir. Nun gehen wir mit einer Vier-Mann-Band los, die keine Rhythmusgruppe hat.
Frage:
Fester Bestandteil Ihrer Programme sind die Zwischentexte. Kann man beim Schreiben schon die Reaktionen vorausberechnen?
Heinz Rudolf Kunze:
Nein. Man kann sie nur erhoffen. Man kann von Stadt zu Stadt gucken: worüber lachen die, wie finden die das. Und wenn sie gar nicht lachen, kann ich es austauschen. Aber ich bin ein relativ sturer Nacken, und wenn ich mir so ein Programm vorgenommen habe, ziehe ich es auch durch. Ich müsste schon von einem Text sehr enttäuscht sein, damit ich ihn austausche.
Frage:
Woran erinnern Sie sich besonders nach 25 Jahren auf der Bühne?
Heinz Rudolf Kunze:
An viele Höhepunkte, aber auch Tiefpunkte. Zu den Höhepunkten gehören extrem beeindruckende Konzerte in der DDR. Da durfte ich seit 1987 rein, weil ich einen Fan im Zentralkomitee hatte. Von den vielen Konzerten, die ich dort gemacht habe, ist mir am besten der Auftritt acht Wochen vorm Mauerfall in Leipzig in Erinnerung, vor fast 70 000 Zuschauern. Das war pure Magie, das vergisst man sein Leben lang nicht!
Frage:
Welches Ihrer Lieder mögen Sie am liebsten?
Heinz Rudolf Kunze:
Diese Frage bekomme ich häufig gestellt, kann sie aber nicht beantworten. Wenn man die große Ehre hat, dass man immer sein eigenes Ding machen darf, dann stehen einem alle Titel sehr nahe. Einige Male arbeitete ich mit anderen Komponisten, aber die Texte stammen immer von mir, so dass es für mich zu jedem Lied eine enge persönliche Bindung gibt. Sie sind alle meine Kinder, und alle habe ich lieb.
Frage:
Was ist Ihnen in Ihren Lied-Texten besonders wichtig?
Heinz Rudolf Kunze:
Jedes Wort! Ich versuche, mich immer gewissenhaft und verantwortlich auszudrücken, Sprache bewusst einzusetzen, manchmal auch innerhalb eines Textes über die Sprache, die ich einsetze, nachzudenken, sie zu ironisieren, zu beleuchten, zu brechen. Ich bin kein Phrasendrescher, der sich mit irgendwelchen Botschaften begnügt. Bei mir ist jedes Wort eine Botschaft!
Frage:
Gibt es ein Thema, das sie nie in einem Lied anpacken?
Heinz Rudolf Kunze:
Wie soll ich das beurteilen? Ich schreibe nicht über Themen, ich arbeite mit Worten. Und bei den Wortkonstellationen, die ich erfinde, stellen sich manchmal Themen her. Ich schreibe kein Lied über dieses oder jenes, sondern ich fange einfach an. Dann entstehen Themen. Deshalb kann ich auch nicht vorher sagen, wovon ein Lied handelt. Ich kann kein Thema auf immer und ewig ausschließen.
Frage:
Man ist immer neugierig darauf, was dabei herauskommt.
Heinz Rudolf Kunze:
Ich bin selber immer gespannt auf mein nächstes Album! Meine Stücke sind wirklich eigene Wesen, die entwickeln sich durch mich hindurch. Ich bin dabei nur das Medium. Ich kann diesen Weg nicht steuern, die Stücke haben ihren eigenen Kopf.
Frage:
Wird es auch mal ein Countryalbum von Ihnen geben?
Heinz Rudolf Kunze:
Nein. Das schaffe ich nicht. Ich mag die Musik sehr gern, und manchmal spiele ich da auch was, aber ich glaube, dass meine Texte in der Umsetzung so viele musikalische Richtungen ermöglichen, dass ich wahrscheinlich niemals im Stande sein werde, ein Album zu machen, das nur in eine Richtung geht. Ich finde das selber manchmal sehr schade. Seit ewigen Zeiten träume ich davon, mal etwas so Monotones zu machen, wie eine Lou-Reed-Platte. Dieser Mann schreibt sein Leben lang immer nur ein Stück. Aber das Stück ist gut! Ich kann das nicht. Meine Stücke wollen immer woanders hin. Das kann ich auch nicht bändigen und das soll auch so sein!
Frage:
Welche Musik von anderen spricht Sie an? Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
Heinz Rudolf Kunze: Mein Sohn ist 21 und hält mich noch relativ auf dem Laufenden mit den neuen englischen und amerikanischen Gitarrenbands. Ihm sagt das alles sehr viel, ich nehme das zur Kenntnis. Ich finde zum Beispiel Interpol ganz gut, aber das habe ich alles bei Cure schon mal gehört. Ich fand das erste Bloc-Party-Album ganz gut, das zweite nicht mehr, das klang viel zu viel nach diesem Jammerlappen von Coldplay. Das ist wohl Schicksal, wenn man jahrzehntelang Rockmusik leidenschaftlich sammelt, dass man immer wieder erinnert wird an gewisse Dinge. Ich bin aber nach wie vor ein großer Fan von The Fall. Diese Band kann sich immer wieder neu erfinden und ich bin froh, dass es sie immer noch gibt. Natürlich hänge ich auch noch an Leuten wie Neil Young oder Johnny Cash.
Frage:
Was tun Sie Ihrem Körper Gutes, um die Rockkonzerte körperlich fit zu überstehen?
Heinz Rudolf Kunze:
Ich habe vor wenigen Tagen einen neuen Hometrainer geschenkt bekommen. Der alte war lange kaputt. Jetzt kann ich wieder täglich auf dem Tretrad sitzen, und das tut mir ganz gut. Wenn ich zuhause bin, mache ich das 80 Minuten lang an jedem Tag. Mein Hausarzt ist sehr stolz auf mich.
Frage:
Wie beurteilen Sie die derzeitige Politiklandschaft in Deutschland?
Heinz Rudolf Kunze:
Meine Kritik, die ich in meinen Texten an der Gesellschaft äußere, ist eher von konservativer Sicht geprägt und sehnt sich nach einer heilen Welt, die es leider nicht gibt. Parteipolitisch bin ich nicht gebunden, finde einige Lösungsvorschläge der Linken zwar sehr romantisch, aber auch sehr unmöglich. Ich glaube einfach, dass die Welt nicht so ist und das es auch keinen Sinn hat, davon zu träumen, dass sie so wäre. Was Teile der SPD oder der Linken vorschlagen, würde nur funktionieren, wenn wir um unser Land eine Mauer bauen und uns isolieren würden. Die Welt ist aber nun mal offen und globalisiert, ob es uns passt oder nicht. Ich habe da auch meine Skepsis.
Frage:
Worauf gründet sich Ihre Euro-Skepsis?
Heinz Rudolf Kunze:
Das fängt für mich in Brüssel an. Ich glaube nicht, dass man Brüssel zu einer Art Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Europa machen kann. Weil ich die Unterschiede in Europa zu wichtig finde und auch zu schön, zu besonders, als dass man sie von Brüssel aus wegradieren sollte. Wir sind nicht die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir haben viel mehr Geschichte, viel mehr Tradition. Jedes Land hat seine eigenen Werte, seine eigenen Vorstellungen. Gerade diese Unterschiedlichkeiten finde ich sehr spannend, und die sollte man bewahren.
Frage:
Wenn Sie Deutschland einmal den Rücken kehren, in welchem Land würden Sie gern wohnen?
Heinz Rudolf Kunze:
Das wäre Amerika. Ein sehr guter Freund, der dort wohnt, hat mich den Amerikanern sehr nahe gebracht. Ich habe diese Menschen kennen gelernt als sehr gastfreundlich und überhaupt nicht deutsch-feindlich, wie es ja teilweise noch in vielen anderen Ländern der Fall ist. Amerika ist trotz seiner derzeit furchtbaren Regierung ein ganz tolles Land. Die Amerikaner sind ein wenig wie die Bayern: Was Außenpolitik angeht, sind sie extrem konservativ und was menschliches Zusammenleben betrifft, sehr herzlich und sehr freundlich.
Frage: Wäre Auswandern eine echte Option für sie?
Heinz Rudolf Kunze:
Nein. Ich bin sehr angewiesen auf die deutsche Sprache, muss wissen, was hier passiert. Da ich sehr viele Auftritte im literarischen Bereich mache, bin ich ja schon ein halber Kabarettist geworden. Ich brauche die Sprache und ich brauche das Wissen, was hier abläuft.
Frage:
Wie sieht dieses Jahr für Heinz Rudolf Kunze aus?
Heinz Rudolf Kunze:
In wenigen Tagen führen wir die Tour mit dem intimeren Programm fort. Gemeinsam mit Wolfgang Stute und dem Geiger Hajo Hofmann werden wir zu Dritt das literarische Programm etwas weiter ausbauen. In der zweiten Jahreshälfte werden wir uns alle wieder versammeln und ein neues Album in Angriff nehmen, das dieses Mal sogar ein Doppelalbum werden wird.
Frage:
Und wie wird es klingen?
Heinz Rudolf Kunze:
Sag ich nicht.

Das Interview führte : Andreas Weihs freier Journalist aus Leipzig
manuelg
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Beitrag von manuelg »

interessant: heinz baut an einem doppelalbum, laut & leise von herrn m. lässt grüßen...?
GEIST ist geil!

HRK, 2013
EwigGestrieger
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Beitrag von EwigGestrieger »

gelöscht von mir auf anraten von.....
Zuletzt geändert von EwigGestrieger am 23 Mär 2008, 19:14, insgesamt 1-mal geändert.
Thofrock
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Beitrag von Thofrock »

EwigGestrieger hat geschrieben:AUSZUG:-
der kirchentagssong erzählt seine eigene geschichte.
Da hat Heinz aber darauf hingewiesen, dass Auftragsarbeiten für ihn ungewohnt sind.
Deshalb wurde der Text ja dann auch so schwammig.
EwigGestrieger
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Beitrag von EwigGestrieger »

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Zuletzt geändert von EwigGestrieger am 23 Mär 2008, 19:14, insgesamt 1-mal geändert.
PatrickH22
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Beitrag von PatrickH22 »

WIE GEIL IST DAS DENN!!!!! EIN DOPPELALBUM und da sage noch einer Heinz ist für keine Überraschungen mehr gut. :D
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