Seite 1 von 1

Walser oder Gauck als Bundespräsident?

Verfasst: 01 Jun 2010, 21:06
von Kalle
QUELLE PRESSE: http://www.mv-online.de/aktuelles/kultu ... ident.html

Walser oder Gauck als Bundespräsident?

Bild Martin Walser vor seinem Haus in Nußdorf bei Überlingen am Bodensee.
(Foto: dpa)


Hamburg - In der Diskussion um einen Nachfolger des zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler werden in der Kulturszene auch die Namen Martin Walser und Joachim Gauck genannt.

Künstler wie der Musiker Heinz Rudolf Kunze und der Philosoph Rüdiger Safranski suchen dabei in erster Linie nach politisch unverbrauchten Persönlichkeiten. Kunze ist überzeugt davon, dass der 83 Jahre alte Walser als Kandidat für das Bundespräsidenten-Amt geeignet ist. «Warum nicht ein großer Schriftsteller wie Martin Walser, der sich jahrelang mit Deutschland auseinandergesetzt hat», sagte er in Hannover der Nachrichtenagentur dpa. Vor allem wäre Walser jemand mit ausgewiesener Sprachkultur für dieses Amt.

Safranski brachte zwei ostdeutsche Kandidaten ins Spiel: den einstigen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck (70), und den sächsischen Theologen Richard Schröder (66) ins Spiel. «Ich wünschte mir einen solchen Quereinsteiger für das Amt des Bundespräsidenten, aber ich fürchte, dass es nicht so kommen wird», sagte Safranski. Beide Männer sind seiner Meinung nach die Demokratie noch nicht so lange gewöhnt und deshalb leidenschaftlicher mit ihr verknüpft. Safranski moderiert seit neun Jahren mit Peter Sloterdijk das «Philosophische Quartett» im ZDF.

Sowohl Kunze als auch Safranski konnten den drastischen Schritt Köhlers nicht nachvollziehen. Der 67-Jährige habe mit seinem Rücktritt überreagiert, sagte der Philosoph. «Es ist ein Faktum, dass es ökonomische Interessen gibt, die die Politik berühren. Über die wirtschaftlichen Interessen beim Einsatz gegen Piraten an der Küste Afrikas sollte man sich nicht hinwegmogeln.» Köhler habe dieses Thema allerdings nicht deutlich genug vom Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr abgegrenzt.

Zudem forderten Kunze und Safranski, dass über die kritisierten Aussagen von Köhler weiter öffentlich diskutiert wird. «Das Thema verdient es angesprochen zu werden, aber mehr als Stoff für eine grundsätzliche Rede, nicht in einem Interview-Plauderton», sagte Safranski.

Die Schriftstellervereinigung PEN kritisierte Köhler für seinen Rücktritt am Montag. Er habe das Amt im Stich gelassen, sagte der Präsident der Schriftstellervereinigung (Darmstadt), Johano Strasser. «Er hat aber auch die Menschen im Stich gelassen, die sich von ihm verstanden glaubten.» Köhlers Darstellung, die Kritik an Äußerungen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan zeige fehlenden Respekt vor seinem Amt, sei «ein völlig falscher Zungenschlag».

Köhler hatte das höchste Staatsamt am Montag nach sechs Jahren wegen der Kritik an seinen missverständlichen Formulierungen zum Einsatz der Bundeswehr im Ausland aufgegeben.