Heinz Rudolf Kunze im Theater am Aegi [Kritik 02.05.07]

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EwigGestrieger
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Heinz Rudolf Kunze im Theater am Aegi [Kritik 02.05.07]

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Kultur
Heinz Rudolf Kunze im Theater am Aegi
Heinz Rudolf Kunze war am Mittwochabend im Theater am Aegi und hat ein Sitz-Rockkonzert gegeben. Gesessen hat das Publikum. Er stand auf der Bühne und schöpfte aus dem Vollen.
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Der Mann ist rastlos. Platte machen, Musical schreiben, Buch veröffentlichen, Lesungen halten, im Fernsehen um die Wette singen, Konzerte geben - da muss man sich auch mal hinsetzen. Aber Heinz Rudolf Kunze macht sogar daraus einen rastlosen Kompromiss: Beim Konzert im Theater am Aegi sitzt nicht er, sondern das Publikum. Jedenfalls am Anfang. Und zwar nicht, weil es will. Sondern weil in diesem Theater die Stühle festgeschraubt sind.

Kunze ist nicht das erste Mal hier. Aber das erste Mal mit einer Rockshow. Und er denkt gar nicht daran, leise zu machen. Nicht beim ausverkauften Heimspiel. Da klingt „Schutt und Asche“ zu Beginn fast wie eine Drohung. „Drinnen kann ich brüllen wie am Spieß“, singt er. So schlimm ist es dann doch nicht. Es heißt aber auch: „Drinnen hab ich alle Zeit der Welt.“ Da nehmen sie ihn gern beim Wort.

Immerhin haben sich Kunze und seine fünfköpfige Verstärkung dem ungewöhnlichen Ort mit einer ungewöhnlichen Liedauswahl angepasst. Zu Beginn gibt es viele Stücke vom neuen Album „Klare Verhältnisse“ wie „Die Welt ist Pop“, seinen Beitrag zum Eurovision Song Contest, und das herzerweichende „Gute Reise“. Dann taucht er in sein üppiges Liedarchiv ab. Doch er holt durchweg nicht die Klassenbesten hervor, sondern vornehmlich Hinterbänkler aus der Reihe „Lange nicht gehört“, aber auch aus der Reihe „Zurecht vergessen“ wie das zähe „Was wirklich zählt“. Schön dagegen das Wiederhören mit der 20 Jahre alten „Offenen See“, den Dampfrockern „Eigentlich nein“ und „Verschwörung der Idioten“, dem sarkastischen „Nicht mal das“ (als Pink-Floyd-Hommage) oder gar „Lisa“, diesem uralten unentschlossenen Liebeslied mit der wunderschönen Zeile: „Lisa, da ist was unerledigt, sagen wir mal so, ich bin ganz froh, dass es dich gibt.“

Solche feinen Sätze gehen in einem Sitzkonzert nicht unter, weil man weniger quatscht. Kunzes lustige Sprechtexte („Stört es Sie, wenn ich rauche? „Es stört mich nicht mal, wenn Sie brennen!“) passen auch ins Aegi. Aber es ist trotz allem ein Rockkonzert. Und das wollen hier auch alle. Das Publikum sowieso - wer hier aufsteht, will nicht gehen, sondern noch ganz lange bleiben - oder aus dem Foyer Bier holen. Spaß hat auch der Künstler. So sehr Kunze in seinem kreativen Schaffen momentan zwischen Rockshow und Alterswerk nach seiner Bestimmung zu suchen scheint, so sehr ist er hier auf der Bühne in seinem Element. Hier kann er aus dem Vollsten schöpfen, hier kann er all seine Talente zu einem großen Topf dessen verrühren, was er schließlich auch besingt: „Gute Unterhaltung“.

Schließlich singt er seine größten Hits als Medley - mit dem Publikum: „Lola“, „Finden Sie Mabel“, natürlich „Dein ist mein ganzes Herz“. Karrierehitparade im Schnelldurchlauf. Wer fast 30 Platten besungen hat, muss kürzen. Schließlich ist morgen Werktag. „Wenn du nicht wiederkommst“, singen die Leute nach gut zwei Stunden. „Schlaf gut“, erwidert Kunze. Es ist sein letztes Wort. Für heute.


Uwe Janssen


Veröffentlicht 02.05.2007 22:26 Uhr
Zuletzt aktualisiert 02.05.2007 22:40 Uhr

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