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Kalle
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aus: Lausitzer Rundschau - online

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aus: sz-online
Purple Schulz und Heinz Rudolf Kunze traten am Samstag vor etwa 700 Besuchern auf.
Hoyerswerda. Ein Höhepunkt des diesjährigen Veranstaltungskalenders der KulturFabrik war am Sonnabend das Konzert von Purple Schulz und Heinz Rudolf Kunze. Denn die beiden Musiker machten in der Stadt an der Elster „gemeinsame Sache“ auf der Bühne. Ort des Geschehens war jedoch nicht der Saal der KulturFabrik. Für das inzwischen bereits ausverkaufte Konzert der deutschen Pop-, Rock-, Liedermacher-Legende gemeinsam mit Purple Schulz in Hoyerswerda gab es wieder Karten. Der Kulturfabrik-Verein hat das Konzert in den größeren Saal der Sparkasse am Hoyerswerdaer Schloss verlegt und konnte nun wieder Tickets anbieten.

Presse Sächsische Zeitung vom 21.01.08
Schulz und Kunze begeistern gemeinsam
Von Silke Richter
Purple Schulz und Heinz Rudolf Kunze traten am Samstag vor etwa 700 Besuchern auf.

Hoyerswerda. Ein Höhepunkt des diesjährigen Veranstaltungskalenders der KulturFabrik war am Sonnabend das Konzert von Purple Schulz und Heinz Rudolf Kunze. Denn die beiden Musiker machten in der Stadt an der Elster „gemeinsame Sache" auf der Bühne.

Ort des Geschehens war jedoch nicht der Saal der KulturFabrik. Denn wegen der großen Resonanz beim Vorverkauf wurde die Veranstaltung in den Saal der Sparkasse am Schloss verlegt. Da nahm so mancher Besucher auch gern einen Stehplatz in Kauf, um das musikalische Duo und dessen Verstärkung mit Wolfgang Stute und Josef Piek in Hoyerswerda erleben zu können. Purple Schulz verstand es, das Publikum von der ersten Minute an zu begeistern und mitzureißen. Die Besucher ließen sich nicht lange bitten und stimmten begeistert in die bekannten Songs aus den 80er Jahren mit ein. Etwas Verwunderung machte sich dann breit, als Schulz im Xavier-Naidoo-Outfit auf die Bühne trat und die Melodie des Liedes „Ich wollte nur Abschied nehmen" für eigene sprachliche Gedankensprünge „missbrauchte". Hintergrund des Textes war ein armes Schwein, das statt eines Fleischerladens nur noch einen Biomarkt vorfindet. „Ich wollte noch Aufschnitt nehmen", sang Purple Schulz unter jubelnden Zurufen. Eine schräge Nummer, aber dem Publikum gefiel sie sichtlich.

Von den Verwandlungskünsten des Musikers konnten sich die Besucher wenig später beim Lied „Ich hab' Heimweh" überzeugen. Fast schien es, als wenn Purple Schulz alles um sich herum vergaß, wie in Trance mit dem Song eins wurde und ausdrucksstark Melancholie und Depression verinnerlichte. Bis zum tobenden Applaus vergingen ein paar Sekunden, denn das Lied wirkte beim Publikum eindrucksvoll nach.

Treffsichere Satire

Die musikalische Atmosphäre von Begeisterung, Nachdenklichkeit und Liedern, die die Seele berühren, hielt auch an, als Heinz Rudolf Kunze die Bühne betrat. Der Sprachkünstler, Literat und Musiker enttäuschte die Erwartungen des Publikums nicht. Im Mittelpunkt des zweiten Konzertteils standen solistische Kompositionen. In einem Wechselspiel von treffsicherer Satire und gewandter Sprachakrobatik zelebrierte der Künstler einen besonderen Auftritt.

PRESSE: Lausitzer Rundschau vom 23.01.2008

Können, Kitsch, Kalauer: H. R. Kunze mit Purple Schulz in Hoyerswerda
Edelstraßenmusikanten

Das Konzert von Heinz Rudolf Kunze und Purple Schulz (mit Verstärkung von Wolfgang Stute und Josef Piek) in der Sparkasse in Hoyerswerda war beeindruckend gut. Selbst als erklärter Deutschrock-Nicht-Fan bewunderte man den Charme und die Virtuosität dieser Musiker.
Überraschungsgast Purple Naidoo hätte gerne was von der Fetten, Groben.
Den Anfang machen die Rheinländer. Für die, die es nicht wissen: Purple Schulz ist eigentlich keine Band, sondern ein urkölscher Jung und Sänger (geboren 1956), der eigentlich Rüdiger Schulz heißt. Gemeinsam mit Josef Piek spielt er seit den frühen 80ern in einer Musikgruppe, die erst als «Neue Heimat» und dann nach ihm selbst benannt wurde. Ihr größter Hit ist die Ballade «Sehnsucht» von 1983. Ihr Refrain geht: «Ich hab Heimweh . . . Fernweh . . . Sehnsucht«» Das traurige Liedchen gipfelt in dem markerschütternden Schrei «Ich will raus» , bei dem dem Hörer je nach Veranlagung Gänsehautschauer oder Ekelpickel über die Unterarme kriechen. Im Osten hat man den Text wörtlich genommen.
Die Schnulzenbarden entpuppen sich in Hoyerswerda als Frohnaturen, was sonst» Purple Schulz macht ulkige Grimassen, während er sich beim Singen mit dem Keyboard begleitet und sein zurückhaltender Mitstreiter die Akustikgitarre bedient. Dieses Knautschgesicht, dieser prägnante Kehlkopf: Der Herr hinterm Mikro könnte «Maddin» Schneider sein, aber der Comedian hat sich ja erst für Ende Februar in Hoyerswerda angekündigt.
Das Konzert jedenfalls ist eher lässige Jam-Session im Freundeskreis als seriöser Liederabend, lockere Sprüchen und Kalauer begleiten jeden Song. In diesem Kontext bekommen die schlichten Strophen, die man im Radio oft blödsinnig-gefühlig fand, einen ironisch-albernen Klang. «Hat Dir schon mal ein Mensch erzählt/ Wie wunderschön Du bist, mein Kind«/ Dass Deine Augen Perlen und/ Dass Deine Brüste Äpfel sind»» Das Emanzenblatt «Emma» habe ihn für diese Zeilen von anno 1992 mal zum «Macho des Monats April» gekürt, verrät der Kölner stolz.
Wenig später stimmt Schulz «Sehnsucht» an. Es ist zu spüren, dass der Song aufrichtiges Seelenspiegelbild war. An diesem Abend wird der Kitschfaktor jedoch heruntergedimmt und mit Ulk abgefedert. Nun verabschiedet sich der Sänger, um einen Überraschungsgast auf die Bühne zu holen. Natürlich rechnet jeder im Saal mit Heinz Rudolf Kunze, kurz HRK. Es erscheint jedoch ein Männlein, das dem Mannheimer Christus-Rapper und Soulbruder Xavier Naidoo zum Verwechseln ähnlich sieht, nur dass die Leichenbittermiene unter der affigen Sonnenbrille und der Wollmütze noch einen Zahn depressiver wirkt. Nee, is dat schön, wie der Rheinländer sagt. Lang schon hatte man gedacht, dass Soul, dieses Inbrunst-heuchelnde Gejaule gehörig parodiert gehört. Der Xavier mit seinen prätentiösen Pfadfinder-Liedern ist da ja leichtes Opfer. Aus dessen «Ich wollte noch Abschied nehmen» macht Schulz die gelungene Anti-Vegetarismus-Hymne: «Ich wollte nur Aufschnitt nehmen» . Der folgende Fleischerei-Witz ( «Ich hätt’ gern was von der Fetten, Groben.» – «Die ist heute zur Berufsschule.» ) ist allerdings ein bisschen gammelig.
Dann kommt tatsächlich HRK. Dass dieser singende Hornbrillentyp (Westfale mit Niederlausitzer Wurzeln laut Wikipedia), der latent menschenfeindlich wirkt und beängstigend käseblass ist, mit den fröhlichen Schulzens «Gemeinsame Sache» (so der Programmtitel) macht, erstaunt zunächst. Auf der Bühne wird schnell klar, warum. Die Jungs haben Riesen-Spaß am vereinten Musizieren und Rumalbern. Heinz Rudolf Kunze ist die trockenhumorige Ergänzung, steuert intellektuelle Vokabeln wie «konterkarieren» bei. Sein kongenialer Partner Wolfgang Stute spielt zweite beziehungsweise dritte Gitarre und Percussion. Es bleibt bei der schlichten Straßenmusikanten-Orchestrierung: Akustikklampfe, ein bisschen Keyboard und Rassel, Mundharmonika. Wenn diese nunmehr vier Herren in einer Fußgängerzone gemeinsame Ständchen gäben, käme es freilich zu Volksaufläufen – so virtuos und launig spielen sie. Zu hören sind Kunze-Werke: «Woran man mit mir war» , «Naherholungsgebiet» , «Das Ultimatum» . Die Lieder sind sprachmächtiger, politischer, zweifelnder als jene der ersten Hälfte des Abends. «Als wäre der junge Brecht bei Police eingestiegen» , kommentiert Kunze seine «Wahrheit vom letzten Hemd» : «Jedes gute Gewissen riecht am Ärmel nach Fisch» . Mit einer Coverversion von The Who’s «Don’t get fooled again» offenbart der Liedermacher seine Rockerseele. Bei ausufernden Gitarrenjams improvisieren sich Kunze und Stute in Ekstase. Das Publikum hält es nicht mehr auf den Stühlen. Es tanzt.
Bleibt die Frage, warum HRK in der Sparkasse Hoyerswerda sein Brot erwerben muss, während Gröhlemeier und Westenhagen Fußballstadien füllen. Aber es ist gut so. Schließlich ist eine Jam im kleinen Kreis viel netter.
Von Felix Krömer

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