Mulholland Drive

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Natascha
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Mulholland Drive

Beitrag von Natascha »

kommt morgen um 0:45 auf MDR.
oder übermorgen um 23.15 auf SWR.
wer den film noch nicht kennt und einen der sender empfängt, sollte die chance nutzen.
ich gebe keine inhaltsangabe über dieses geniale werk von david lynch, da man es am besten völlig unvorbereitet auf sich wirken lässt.

hinther kann man ja immer noch drüber diskutieren.
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Beitrag von Natascha »

um die motivation für die heutige ausstrahlung etwas zu steigern, mal ein paar zitate:

cineclub: „Mulholland Drive" ist definitiv keine laue Samstagabend-Unterhaltung. Es ist einer der genialsten Thriller der Filmgeschichte, der es schafft, dass man sich auch Wochen später noch Gedanken machen wird. Garantiert!

filmzentrale: Lynch findet hier, wie kein Zweiter, Möglichkeiten über das Innere zu sprechen. Dabei hat er es noch nie nötig gehabt, verkrampfte, konstruierte Symbolismen zu bemühen. Es scheint, als kenne er wirklich die Sprache des Unbewußten, als könne er sie direkt in vorher nie gesehene Bilder übersetzen, und mit jedem neuen Film kann er uns verstehbarere Geschichten in dieser übersetzten Sprache erzählen, - solange wir uns nicht an die Oberfläche der "faktischen" Bilder klammern. Wenn wir loslassen, dann bieten die Filme David Lynchs, ganz besonders aber "Mulholland Drive", einen unerschöpflichen Reichtum, statt "wahrer" wahrhaftiger Geschichten, Perspektiven, Bezügen, Ansichten, einen eigenen Kosmos als Gegenentwurf, Spiegel- oder Zerrbild, wie man es sehen will, der Mixtur aus Fiktion, Schein, Zynismus, Egoismus und Verdrängtem, die unsere Zeit prägt. Ich glaube, Produkte dieser Art - und es gibt wenige, die so gelungen sind wie dieses - nennt man auch "Kunst". Aber wer wollte sich darüber noch streiten?

artechock: Nicht übersehen sollte man bei aller Gedankenarbeit, zu der er zwingt, dass es sich um einen höchst vergnüglichen, handwerklich perfekten, großartigen Film handelt - mit diesem radikalen hyptotischen Traumspiel gelingt dem Regisseur vieler Hinsicht sein bester Film überhaupt. Man kann nicht aufhören, ihn anzusehen. Nicht alles ist neu, aber so gut war es bei diesem Regisseur noch nie. MULHOLLAND DRIVE spielt mit Kameraeinstellungen, Schauspielerinszenierungen, Genreverweisen und Musik verschiedener Epochen; der Film strotzt vor Einfällen und wunderbaren kleinen Szenen, die für sich selbst stehen. Eine Feier des Kinos.

und ein amazon-kritiker, der die schlechtmöglichste note für den film vergeben hat, beschließt seinen unmut gegenüber dem film mit den worten:

"Ich fühle mich mental vergewaltigt".
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Beitrag von Natascha »

Georg Seeßlens Buch behandelt leider noch nicht Mulhholland Drive (oder gibts ne neuauflage?) Das Buch ist aber sehr gut, allerdings kompliziert geschrieben.

Ich versuche mich einmal an eine Interpretation des Films Mulholland Drive.
Die einzelnen Puzzleteile des Films lassen sich verschieden zusammensetzen und ermöglichen viele Lesarten. Viele Diskurse habe ich wahrscheinlich nicht mal verstanden, aber ich habe eine Lesart gefunden, mit der ich jede Szene in einem (meiner Meinung nach) nachvollziehbaren Zusammenhang bringen kann – und das ist ja auch schon mal was.
Zunächst lässt sich der Film in zwei Teile gliedern. Der erste Teil erstreckt sich über fast zwei Drittel des Films. Dieser Teil ist ein Wunschtraum von Diana, in dem sie zurückliegende Erlebnisse verarbeitet und für sich zunächst positiv gestaltet. Bis nach und nach auch im Traum die geschönte Wirklichkeit nicht mehr aufrechterhalten werden kann.
Die Hauptfigur erwacht. Der Traum wurde relativ linear erzählt. Im zweiten Teil finden wir uns in der Psyche der Hauptfigur wieder. Diese Psyche ist „krank“, die Perspektive der Psyche der Hauptfigur angepasst. Diese Psyche lässt sich nicht linear darstellen.
Aber in ihr kann man eine Art Handlung zusammen mit Teil 1 rekonstruieren.
Diana hat einen Talentwettbewerb gewonnen, was sie motiviert, nach Hollywood zu gehen. Die Tanzszene am Anfang des Films zeigt wahrscheinlich die Erinnerung von Diana an diesen Wettbewerb. Sie erscheint ja am Schluss zusammen mit (wahrscheinlich) ihren stolzen Großeltern in der Szene. Im Anschluss fährt die Kamera näher auf das Bett (welches im Film immer wieder auftaucht) bis in das Kissen hinein. Damit wird der Traum von Teil eins eingeleitet. Im nun folgenden Traum verändert sie die Wirklichkeit.
Diese Wirklichkeit sieht wie folgt aus. Diana ist in Hollywood gescheitert. Bei einem Vorsprechen lernt sie Camilla kennen. Sie selbst bekommt die Rolle nicht, weil (wie im Gespräch mit der Mutter des Liebhabers von Camilla zu erfahren ist) der Regisseur sie nicht schätzt. In ihrem Traum gibt es ein glorreiches Vorsprechen mit einem Regisseur, der den gleichen Namen hat. Diana/Betty besteht das Vorsprechen hervorragend. In ihrem Traum ist es der Regisseur, den niemand schätzt.
In Wirklichkeit hat also Camilla die Rolle bekommen. Beide Frauen gehen eine Beziehung ein. Eine krankhaft narzisstische Beziehung. Diana sieht in Camilla ihr eigenes Ideal. Sie liebt nicht Camilla, sondern sich selbst in Form der idealisierten Camilla. Auch Camillas Liebe ist rein narzisstischer Natur. Sie findet ihre Bestätigung in Dianas Idealisierung.
Als Camilla eine Liebesbeziehung mit ihrem derzeitigen Regisseur beginnt, droht der Selbstbetrug von Diana einzustürzen. Diana kann daher nicht loslassen. Dies gilt aber auch für Camilla. Sie wendet sich zwar sexuell von ihr ab, aber durch gezielte Demütigungen holt sie sich weiter die Bestätigung ihrer Großartigkeit von Diana (durch ihr Leiden).
Nach Verkündigung der Verlobung ist für Diana die Illusion endgültig dahin. Sie beauftragt einen Killer, Camilla zu töten. Zum Zeitpunkt des Traums ist Camilla schon tot. In ihrem Traum lässt jedoch Diana durch einen zufälligen Unfall den Auftragsmord scheitern. Sie tauscht die Rollen. Nun ist sie es, die als Schauspielerin erfolgreich ist. Camilla ist in dem Traum nicht mal Schauspielerin. Aber sie ist nun abhängig von Diana/Betty. (In der Realität war Diana davon abhängig, dass Camilla ihr Nebenrollen verschaffte).
In ihrem Traum rechnet Diana auch mit ihrem männlichen Konkurrenten ab. Er wird in jeder Hinsicht entmannt. In der Besprechung mit den Mafia-Typen (wo der Mafiosi in die Serviette spuckt) hat der Regisseur seinen Phallus in Form eines Golfschlägers direkt vor sich liegen. In dieser Szene bleibt der Regisseur „mannhaft“. Mit seinem Golfschläger (Phallus) zerstört er sogar das Mafia-Auto. Doch ab dann wird seine Männlichkeit in dem Traum zerstört. Zu Hause legt er seinen Phallus weg und entdeckt kurz darauf, dass seine Frau fremdgeht. Er selbst bemalt sich anschließend mit rosa Farbe, wird von einem anderen Mann verprügelt und aus dem eigenen Haus geworfen. Bald darauf verliert er auch seine finanzielle Potenz. Er ist einfach so pleite. Kurz danach verliert er seine Entscheidungspotenz. Er besetzt die Hauptrolle mit einer Frau namens Camilla. Gleichzeitig ist also in Dianas Traum Camilla nur an die Hauptrolle durch Intrigen gekommen. Es lag also nicht an der mangelnden Qualität von Diana.
Nach der seltsamen Theater-Show, in der Diana in ihrem eigenen Traum erfährt, dass alles nur Illusion ist, erwacht sie. Symbolisiert durch das Wecken des Cowboys.
Was nun folgt sind die letzten Stunden ihres Lebens. Wir sehen viele Rückerinnerungen und ihren Selbstmord. Die Szene mit den Miniaturgroßeltern lässt auf Selbstmord wegen Schuldgefühlen schließen. Möglich ist aber auch, dass die Zerstörung (Tötung) ihres Selbstideals dazu geführt hat, dass die Diskrepanz zwischen ihrem Selbstbild und der Wirklichkeit sie in den Selbstmord trieb.
Ich hab jetzt vieles vereinfacht, weil man im Grunde stundenlang auf die Details eingehen könnte.
Nebenher möchte ich noch kurz eine weitere, mit der dargestellten Lesart eng verwobene Interpretation vorstellen. Der Narzissmus der Frauen lässt sich auch ganz generell auf Hollywood übertragen. Also Hollywood als Ort, der Narzissten anzieht und narzistische Strukturen selbst schafft. Aber dieses Thema ergäbe für sich schon wieder ein langes Posting und KLilian hat zu diesem Punkt ja schon einiges geschrieben. Da könnte man auch betrachten, wie Lynch die Arbeitssituation eines Regisseur in Hollywood darstellt.
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Beitrag von Natascha »

am 23.04. kommt mit Blue Velvet ein weiteres werk von lynch im fernsehen.

für filmliebhaber hat der april sowieso einiges im fernsehangebot.
beginnt schon direkt am 1. april mit "im reich der sinne".
es gibt viele angeblich "umstrittene skandalfilme". bei "im reich der sinne" ist diese bezeichnung wirklich angebracht. Nagisa Oshimas meisterwerk ist ein pornographischer film mit allerhöchstem cineastischen anspruch. abzuwarten bleibt, ob tele 5 sich traut, den film ungeschnitten zu zeigen.
arte hatte vor einigen jahren den film tatsächlich ungeschnitten mit allen pornographisch photographierten einstellungen ausgestrahlt.
einige infos zum film gibts hier:
http://www.mitternachtskino.de/imreichdersinne.htm

am 8.04. kommt "M - Eine Stadt sucht einen Mörder". zu fritz langs klassiker des frühen tonfilms braucht man wohl nicht mehr viel zu sagen. hat wahrscheinlich eh schon jeder gesehen.

am 20.04. präsentiert arte "Il grande silenzio". für mich Sergio Corbuccis bester film. meilenstein des italo-western. das genaue gegenteil, bis hin zum setting, des klassischen us-western. klaus kinski in bestform. der deutsche verleih hat dem grandiosen werk leider den titel "leichen pflastern seinen weg" gegeben. aber da muss man ja schon froh sein, dass man nicht noch den namen django in den titel gepackt hat. es wäre nicht der erste film gewesen, der im deutschen verleih django im titel führt, obwohl django nicht vorkommt.
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Beitrag von Natascha »

was hatte denn die heinz nahestehende person gegen diese aussage?
sehr viele texte von hrk bestätigen doch ex negativum diesen satz. schließlich wäre das werk von kunze um einiges schmaler, wenn er nicht so häufig die tragik des nicht erreichten/für das lyrische ich nicht erreichbaren
"guten f..." in prosa gefasst hätte. dieses thema wird schon auf seinem ersten album aufgegriffen und zieht sich, mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt, durch fast alle seine platten.

"America'sSweethearts" habe ich nie gesehen. aber spontan fallen mir zwei herrausragende mediensatiren ein. Tom Toelles "Das Millionenspiel" und Sidney Lumets "Network".
Da Tom Toelle letzte Woche gestorben ist, wäre es ein netter Zug, seinen Fernsehfilm-Klassiker nocheinmal auszustrahlen. sehr lange verstaubte dieses werk in den archiven, da er erheblichen zuschauerprotest hervorgerufen hatte. eine beträchtliche anzahl von zuschauern hielt den film für eine reale fernsehshow.

Dennis Hopper war in Blue Velvet genial. eindringlicher kann man diese rolle wohl nicht verkörpern.
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Beitrag von Natascha »

Kilian Maximilian hat geschrieben:Man muss respektieren, dass es Menschen gibt, die zwar alles akzeptieren, aber trotzdem nicht alles gut finden, was an literarischen Dingen zum Thema gesagt und erdichtet wird.
das zu akzeptieren fällt nicht besonders schwer. schließlich ist es unmöglich, alles gut zu finden, was zu irgendeinem thema gesagt und erdichtet wird.
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Beitrag von Natascha »

na wer sagts denn. der wdr ehrt Tom Toelle tatsächlich anlässlich seines todes mit einer ausstrahlung des films "Das Millionenspiel". Ein absoluter Klassiker des deutschen Fernsehfilms.
Donnerstag, 6.04.2006 um 23.15 Uhr auf wdr.

sehr viele infos zum film gibts unter:
http://www.follow-me-now.de/html/hauptt ... spiel.html
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Beitrag von Natascha »

da dies hier eh ein reiner film-thread ist: demnächst kommt "Tommy" im fernsehen. kennt den film jemand? lohnt er sich? eigentlich mag ich musical-filme nicht besonders. aber bei the who wird man doch etwas neugierig.
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Beitrag von Natascha »

Pro 7 hat doch tatsächlich in der heutigen Free-TV-Premiere des Films "Herr Lehmann" alle Szenen mit und zu Karls Freundin rausgeschnitten.
Normalerweise schaue ich bei Pro 7 keine Filme, weil ich ihren respektlosen Umgang mit der Schere kenne. Doch ich hatte Bock auf den Film und hatte nicht unbedingt mit einer geschnittenen Fassung gerechnet. Aus Jugendschutzgründen musste ja nichts geschnitten werden. Und da "Herr Lehmann" ein recht kurzer Film ist, wäre zwischen 20.15 Uhr und 22.18 Uhr immerhin fast 30 Minuten Zeit für Werbung gewesen. Hat wohl nicht genügt.
War jedenfalls mein letzter Film auf diesem Sender.
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Beitrag von HenryKupfer »

TV-Tipp

Donnerstag, 25. Mai 2006, 20.15 Uhr ARD:

30. Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo
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Gerrit
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Beitrag von Gerrit »

Wieder Weg von den TV-Tipps und zurück zu Mulholland Drive: Der Mann, David Lynch, scheint fast so schräg zu leben wie seine Filme glauben machen. Da ist der Mann 15 Jahre mit einer Frau zusammen und erkennt dann nach einem Monat Ehe die "unüberbrückbaren Differenzen", Scheidung, so zitiert der SPIEGELonline TMZ.com.

Ein Hoch auf die Langspielplatte.
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